Gedenkarbeit in der Schule: Der Film „Der Balkon“ im Unterricht

Wie schulische Gedenkarbeit im deutsch-griechischen Kontext praktisch aussehen kann und ein Geschichtsbewusstsein bei Schülerinnen und Schülern befördert, hat Bettina Münch-Rosenthal von der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion Rheinland-Pfalz aufgeschrieben. Der Übersichtsartikel verdeutlicht den unterrichtlichen Einsatz des Filmes „Der Balkon“ als Beispiel eines geeigneten Zugangs zum Thema Gedenkarbeit – Ausprobieren ausdrücklich erwünscht!

An der Schwelle zu einer Zeit ohne Zeitzeugen gewinnen Quellen, die jungen Menschen einen emotionalen Zugang zur Vergangenheit eröffnen, zunehmend an Bedeutung. Filmische Dokumentationen mit Zeitzeugenaussagen sind daher wichtige Bestandteile schulischer Gedenkarbeit. Leben und Schicksale einzelner realer Menschen erregen Aufmerksamkeit, Neugierde und Mitgefühl.  

Der Dokumentarfilm „Der Balkon – Wehrmachtsverbrechen in Griechenland“ des griechischen Regisseurs Chrysanthos Konstantinidis behandelt die Vernichtung des Dorfes Lyngiádes, das nahe der Stadt Ioannina liegt, am 3. Oktober 1943 und die Ermordung eines großen Teils der Dorfbewohner. Er wurde 2018 produziert und 2020 von Konstantinidis für den Einsatz in der Bildungsarbeit von 101 Minuten auf 43 Minuten gekürzt (Original mit deutschen Untertiteln).

Worum geht es in dem Film „Der Balkon“?
Lyngiádes, ein Dorf in Nordgriechenland, wird wegen seiner exponierten Lage über dem See bei Ioannina der „Balkon“ genannt. Die Idylle war Schauplatz eines bisher kaum bekannten Massakers:  Am 3. Oktober 1943 überfielen ca. hundert deutsche Gebirgsjäger den Ort. Sie ermordeten 82 Dorfbewohner, überwiegend Kinder und alte Leute, und zerstörten fast alle Häuser. Die Ermordung unbeteiligter Zivilisten war eine sogenannte „Sühnemaßnahme“ für den gewaltsamen Tod des Regimentskommandeurs der Gebirgsjäger, Josef Salminger. Sein Tod wurde griechischen Partisanen zugeschrieben. 

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Ravensbrück meets Lechovo: Druckreifer Austausch

Es war ein Austausch zwischen zwei Orten, die dunkle Kapitel in ihrer Geschichte teilen: Im Juni trafen sich Jugendliche aus Deutschland und Griechenland zu einer Begegnung in der Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück des ehemaligen Konzentrationslagers. Vom Norden Brandenburg ging es im Juli weiter nach Westmakedonien. Das Dorf Lechovo ist eins der sogenannten Opferdörfer, in denen Hitlers Wehrmacht zu Zeiten der deutschen Besatzung wütete. Dass es beim Austausch aber nicht nur um schwere Kost ging, beschreibt Teilnehmerin Durkje Salman im Bericht.

Am Anfang stand Corona und eine Menge Unsicherheit: Anfang 2022 fand unser Austausch nur über Online-Meetings statt. Das war die einzige Möglichkeit, dass wir einander kennenlernen konnten. Während dieser Meetings haben wir aber auch schon über die Geschichte des Zweiten Weltkrieges und über unsere Erwartungen gesprochen. Eines der Meetings wurde mit einem amerikanischen „Wordartist“ organisiert, der uns für uns eigenes Audioprojekt, das während der Austausche entstehen sollte, inspirierte.

Am 17. Juni war es dann soweit: Unsere Gruppe aus Lechovo, ein Dorf im Norden Griechenlands, etwa zwei Autostunden von Thessaloniki entfernt, reiste nach Berlin. In Lechovo mache ich seit Februar 2022 meinen Freiwilligendienst beim Kulturverein »Prophet Ilias«, der zusammen mit dem Internationalen Freundeskreis der Gedenkstätte Ravensbrück die Jugendbegegnung organisiert. Von Berlin aus ging es zusammen mit der deutschen Gruppe bis zum 22. Juni gemeinsam in die Jugendherberge Ravensbrück im Norden von Brandenburg. Die Jugendherberge liegt neben der Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück. In der Zeit des Nationalsozialismus befand sich in Ravensbrück das gleichnamige Konzentrationslager. 

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Heimatverlust, Flucht und Neuanfang: Gedenkstättenfahrt nach Berlin

Die Pontosgriechische Jugend in Europa – Verband der Vereine der Griechen aus Pontos in Europa e.V. lädt vom 09. bis 11. September 2022 in die Hellenische Gemeinde zu Berlin (Steglitz) und zur Ökumenischen Gedenkstätte für Genozidopfer im Osmanischen Reich in Charlottenburg ein, um sich mit dem Völkermord an den Christ*innen im Osmanischen Reich 1912-1922 auseinanderzusetzen. Es sind noch 15 Plätze frei – Anmeldeschluss ist der 26. August.

Die Pontosgriechische Jugend in Europa – Verband der Vereine der Griechen aus Pontos in Europa e.V. lädt vom 09. bis 11. September 2022 in die Hellenischen Gemeinde zu Berlin (Steglitz) und zur Ökumenischen Gedenkstätte für Genozidopfer im Osmanischen Reich (Charlottenburg) ein, um sich mit dem Völkermord an den Christ*innen im Osmanischen Reich 1912-1922 (Armenier*innen, Griech*innen, Aramäer/Assyrer*innen) auseinanderzusetzen und sich mit den Themen Heimatverlust, Flucht und Vertreibung, mit Überleben und wieder Neuanfangen, mit Erinnerungskultur in der Diaspora, kollektiver und individueller Identität nach dem Genozid zu befassen.

Das Kooperationsprojekt zwischen dem djo-Landesverband Sachsen-Anhalt e.V. und dem djo-Bundesverband e.V. geht mit dem Wanderseminar – Widerstände Wege – in die zweite Runde. Angelehnt an das djo-Jahresthema „Erinnerungskultur in der Migrationsgesellschaft“, widmete sich der Verband 2021 der Geschichte des Nationalsozialismus im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge

Teilnahme an Gedenkveranstaltung an der Gedenkstätte für Genozidopfer
Die dreitägige Gedenkstättenfahrt ist eine Aktion für alle junge Menschen ab 18 Jahren, die sich für historische und erinnerungspolitische Themen, Menschenrechte, gesellschaftlichen Zusammenhalt, postmigrantisches Leben, Aufrechterhaltung einer Kultur und Identität in Diasporagemeinschaften interessieren.

Die Fahrt ist ein Vernetzungsformat für gesellschaftspolitisch engagierte und junge Menschen der betroffenen Gemeinschaften und weiterer postmigrantischer und postgenozidaler Gemeinschaften. Teil des Programms ist eine Führung an der Ökumenischen Gedenkstätte für Genozidopfer im Osmanischen Reich zum Tag des Offenen Denkmals und die Teilnahme an der Gedenkveranstaltung für die griechischen und armenischen Genozidopfer von Smyrna.

Neben dem Programm soll den Teilnehmenden die Möglichkeit geboten werden, ihre Eindrücke auf kreative Art wie z.B. mittels eines Podcasts oder in einem Reel/Video oder einer Collage festzuhalten.

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Teilnehmende für Jugendbegnung in Kastoria gesucht

„Erinnere dich! Neu (Ge-)Denken“ – unter diesem Motto treffen sich vom 12. bis 20. Juli 2022 Jugendliche zu einer deutsch-griechischen Jugendbegegnung im griechischen Kastoria – und es sind noch Plätze frei!

Der Nationalsozialismus ist immer wieder Thema: in der Schule, bei offiziellen Gedenkveranstaltungen – und eigentlich denken wir, dazu sei alles gesagt. Oder?! Weißt du z.B., welche Verbrechen in der Nazizeit in Griechenland verübt wurden? Wie passt das zu „unserem“ Urlaubsland von heute?

Während wir im ersten Teil der Begegnung „Erinnere dich! Neu (Ge-)Denken“ in Köln unterwegs waren, wollen wir in den Sommerferien 2022 nach Kastoria in Griechenland fahren und uns dort auf Spurensuche begeben.

Gemeinsam mit Jugendlichen aus Griechenland stellen wir die Frage, welche Form von Erinnerung wir brauchen, um unsere Geschichte nicht aus den Augen zu verlieren: Wie wollen wir uns heute an gestern erinnern? Können wir selbst neue Formen des Gedenkens entwickeln?

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DGJW-Erinnerungskonferenz im April

Für die Fachkonferenz „Erinnern für Morgen“ des Deutsch-Griechischen Jugendwerks vom 06. bis 08. April 2022 in Leipzig (Präsenz, 2G+) sind noch Plätze frei. Bewerbungsschluss ist der 07. Februar.

Die deutsch-griechische Fachkonferenz „Erinnern für Morgen“ findet vom 06. bis zum 08.04.2022 in Leipzig statt. Fachkräfte der Jugendarbeit und Expert*innen aus Deutschland und Griechenland treffen sich, um sich zur Erinnerungs- und Gedenkstättenarbeit in Deutschland und Griechenland im Rahmen der Jugendarbeit auszutauschen. Auch Interessierte, die keine Vorerfahrung haben, sich aber künftig in der Erinnerungsarbeit engagieren wollen, sind willkommen. 

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Fachkonferenz „Erinnern für Morgen“ in Leipzig

Das Deutsch-Griechische Jugendwerk (DGJW) richte vom 13. bis 15. Dezember 2021 in Leipzig eine Fachkonferenz zum Thema Erinnerungs- und Gedenkstättenarbeit aus. Die Konferenz „Erinnern für Morgen“ richtet sich an Fachkräfte der Jugendarbeit und Expert*innen aus Deutschland und Griechenland.

***Die Konferenz wird auf Anfang April 2022 verschoben***

Auch Interessierte, die keine Vorerfahrung haben, sich aber künftig in der Erinnerungsarbeit engagieren wollen, sind willkommen.  

Worum es gehen soll:
Wie können die Arbeit und die Zeugnisse von Überlebenden im Jugendaustausch eingesetzt werden? Welche Methoden bieten sich im deutsch-griechischen Kontext an? 
Wie schaffen und bewahren wir Erinnerungsorte?
Was lernen wir aus der Geschichte für unser Zusammenleben?
Wie können junge Menschen in Deutschland und Griechenland heute aus ihrem gemeinsamen Erbe schöpfen und was brauchen sie, um ihren Weg hin zu einem solidarischeren Europa zu ebnen?
Wie können wir heute für die Menschenwürde aller eintreten?
Welche Rolle spielen dabei digitale Tools?   

Wer kann teilnehmen?
• Fachkräfte der Jugend-, Gedenkstättenarbeit oder der politisch-historischen Bildung   
• Interessierte, die im deutsch-griechischen Kontext mit Jugendlichen arbeiten (möchten) 
• Mindestalter: 18 Jahre 
• Wohnort in Deutschland oder Griechenland (Staatsbürgerschaft spielt dabei keine Rolle).

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»Der Austausch unserer Communities ist essentiell für effiziente Erinnerungsarbeit«

Für den Verband der Vereine der Griechen aus Pontos in Europa (OSEPEyouth) ist 2021 kein gewöhnliches Jahr: Es markiert 200 Jahre nach dem Beginn der Griechischen Revolutionen gegen die Osmanen 1821. Warum die Erinnerungskultur ein zentrales Thema für junge Menschen pontosgriechischer Herkunft ist und bleibt, erzählt Parthena Iordanidou vom Jugendvorstand im Interview.

Agorayouth: Parthena, du bist im Jugendvorstand der Jugendorganisation des Verbands der Griechen aus Pontos in Europa. Wen vertretet ihr?
Parthena Iordanidou: Der OSEPE-Jugendvorstand (Συντονιστική Επιτροπή Νεολαίας της Ομοσπονδίας Συλλόγων Ελλήνων Ποντίων στην Ευρώπη) setzt sich seit 1995 für die Interessen junger Menschen pontosgriechischer Herkunft zwischen 18 und 32 Jahren ein. Die Wurzeln der Mitglieder liegen in der historischen Region des Pontos, an der Südküste des Schwarzen Meeres, die heute zur Republik Türkei gehört. Griechen bewohnten die Pontosregion seit dem 8. Jahrhundert vor Christus sowie weitere Regionen der heutigen Türkei. Mit der Machtergreifung der Jungtürken in 1908 wurde die systematische und methodische Vernichtung der christlichen Völker im Osmanischen Reich, von Armeniern, Griechen und Aramäern/Assyrern/Chaldäern geplant und durchgeführt. Anfang des 20. Jahrhunderts lebten ungefähr 700.000 Griechen im Pontos und zwischen 2,2 Millionen und 2,7 Millionen Griechen im gesamten Osmanischen Reich. Etwa 353.000 Griechen aus Pontos wurden von den Jungtürken und Kemalisten ermordet.

Agorayouth: Was ist der Schwerpunkt eurer Arbeit?
Wir sind die Nachfahren von Genozidüberlebenden, von verfolgten und vertriebenen Griechen und verstehen es als unsere Pflicht, uns für die internationale Anerkennung und Aufarbeitung des Genozids an unseren Vorfahren und an der griechischen Nation einzusetzen. Daher bilden die Bemühungen um Anerkennung und Gerechtigkeit für die über eine Million griechischen Opfer einen Schwerpunkt unserer Arbeit. Es ist uns ein Anliegen, allen griechischen Opfern die Stimme zu geben, die ihnen weggenommen wurde. Genauso bedeutend ist für uns aber auch das Erhalten und Vermitteln der kulturellen Identität wie von Traditionen, Werten und Bräuchen des Pontos.

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Ehrengard Schramm und ihr Hilfswerk für Griechenland

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Ehrengard Schramm (Foto: Göttinger Jahrbuch vom Geschichtsverein für Göttingen und Umgebung)

Brigitte Spuller schreibt über das fast vergessene Werk einer ungewöhnlichen Frau aus Göttingen.

Frau Schramm wurde 1900 als Ehrengard von Thadden geboren und starb 1985. Sie stammte aus einer pommerschen Adelsfamilie und war mit Percy Ernst Schramm, einem Historiker verheiratet. In ihrer Schulausbildung hatte sie Altgriechisch gelernt, bereiste Griechenland und verfasste mehrere Bücher über die griechische Geschichte. Sie war einige Jahre lang Ratsfrau in Göttingen und von 1959 bis 1967 Abgeordnete der SPD im niedersächsischen Landtag.

Bei einer ihrer Reisen in Griechenland hörte sie zum ersten Mal den Ortsnamen „Kalavryta“ und wie die deutschen faschistischen Besatzungstruppen dort (im Dezember 1943) und in vielen anderen Orten Massaker an der Zivilbevölkerung begangen hatten, die Ortschaften geplündert und viele davon in Schutt und Asche gelegt hatten. Obwohl sie von mehreren Seiten gewarnt wurde, dass es für sie als Deutsche gefährlich sein könnte, in diesen Ort zu fahren, besuchte sie noch im gleichen Jahr 1952 Kalavryta, um sich ein eigenes Bild von der Lage der Überlebenden dort zu machen.

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STEP-IN: Seminar für Multiplikatoren aus griechischen Märtyrergemeinden

In Griechenland gibt es mehr als 100 Märtyrergemeinden. Diese gelten als Orte des Grauens und haben stark unter der deutschen Nazibesatzung Griechenlands gelitten. Die Dörfer und Städte besitzen einen hohen Stellenwert für die griechische Gesellschaft, da sie die traumatische Erfahrung des Zweiten Weltkrieges und der Gräueltaten der Besatzer tragen – und das kollektive Gedächtnis Griechenlands, Deutschlands und Europas beeinflussen.

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Für Deutschland sind die griechischen Orte des Grauens auch von hoher Bedeutung, denn sie gelten als Anknüpfungspunkte für die Versöhnungsarbeit. Vor diesem Hintergrund entschied sich der Verein Filoxenia, ein Seminar für Multiplikatoren aus Märtyrergemeinden anzubieten. Die Arbeit des griechischen Staates im Bereich der Jugend funktionierte schon vor der Krise eingeschränkt und ist mit der Krise ganz verschwunden. Filoxenia hat sich zum Ziel gesetzt, Multiplikatoren mit dem nötigen Know-how und den richtigen Werkzeugen auszustatten, damit sie eigene Jugendprojekte starten. Außerdem sollen sie als Träger der örtlichen Zivilgesellschaft die Jugendarbeit vor Ort mitgestalten können.

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Jugendliche erinnern an die deutsche Besatzung in Kastoria

Die Aufzeichnung der Erinnerungen der Bewohner von Kastoria, ihre Erfahrung aus der Zeit der deutschen Besatzung und die jüdische Gemeinde waren vom 22. August bis 5. September Forschungsthema von 16 jungen Erwachsenen aus Deutschland, Griechenland und anderen europäischen Ländern.

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