In Griechenland gibt es mehr als 100 Märtyrergemeinden. Diese gelten als Orte des Grauens und haben stark unter der deutschen Nazibesatzung Griechenlands gelitten. Die Dörfer und Städte besitzen einen hohen Stellenwert für die griechische Gesellschaft, da sie die traumatische Erfahrung des Zweiten Weltkrieges und der Gräueltaten der Besatzer tragen – und das kollektive Gedächtnis Griechenlands, Deutschlands und Europas beeinflussen.
Für Deutschland sind die griechischen Orte des Grauens auch von hoher Bedeutung, denn sie gelten als Anknüpfungspunkte für die Versöhnungsarbeit. Vor diesem Hintergrund entschied sich der Verein Filoxenia, ein Seminar für Multiplikatoren aus Märtyrergemeinden anzubieten. Die Arbeit des griechischen Staates im Bereich der Jugend funktionierte schon vor der Krise eingeschränkt und ist mit der Krise ganz verschwunden. Filoxenia hat sich zum Ziel gesetzt, Multiplikatoren mit dem nötigen Know-how und den richtigen Werkzeugen auszustatten, damit sie eigene Jugendprojekte starten. Außerdem sollen sie als Träger der örtlichen Zivilgesellschaft die Jugendarbeit vor Ort mitgestalten können.
14 Personen aus sieben Opfergemeinden nahmen an dem Seminar teil, darunter Vertreter aus Kalavryta, Kommeno, Lingiades, Distomo, Lechovo, Kleissoura und Mesovouno. Es war ein Pilotprojekt.
Praktische Hilfestellungen
Das Seminar bestand aus zwei Modulen. Das erste fand im November 2015 in der Heimat von Filoxenia, im malerischen Dorf Kryoneri (Korinthia) in Südgriechenland auf dem Peloponnes, statt. In der Zeit behandelten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer Themen wie die Nutzung von Erasmus+ und dem Deutschen Jugendaustauschprogramm. Neben Real-Case Szenarien und Teambuilding-Aktivitäten ging es auch um ganz praktische Themen: die Organisation der Reise und der Verpflegung, den Umgang mit Jugendlichen aus dem In- und Ausland und die thematische Gestaltung eines Jugendaustausches.
Das zweite Modul fand im Dezember 2015 im Märtyrerdorf Lechovo (Florina) in Nordwestgriechenland statt. Während dieser Zeit ging es vor allem um den Europäischen Freiwilligendienst – European Voluntary Service (EVS) und den Deutschen Jugendfreiwilligendienst. Erneut wurden Teambuilding-Aktivitäten und Real-Case Szenarien angewandt, und die Teilnehmer beschäftigten sich mit den praktischen Details für die Aufnahme von Freiwilligen, wie die Organisation von Unterkunft, Verpflegung und die inhaltliche Gestaltung des Freiwilligenprogrammes.
Außerdem entwickelten die Multiplikatoren eigene Ideen für ihre Gemeinden und besprachen die Möglichkeit einer gemeinsamen zivilgesellschaftlichen Vernetzung über eine Webseite, die einerseits die Märtyrerdörfer und andererseits die örtlichen zivilgesellschaftlichen Träger der Märtyrergemeinden vorstellen könnte.
Forderung nach weiteren Fortbildungen
Das Feedback der Teilnehmerinnen und Teilnehmer war positiv und die Kritik konstruktiv. Zu den kritischen Punkten gehörten etwa die Forderung nach weiteren Fortbilungsmaßnahmen für Multiplikatoren zur Unterstützung von Jugendprogrammen und Jugendprojekten, größere Fortbilungsseminare mit dem Einbezug von weiteren Multiplikatoren aus Opfergemeinden, damit das Netzwerk an zivilgesellschaftlichen Partnern wachsen kann, sowie die regelmäßige Unterstützung von Experten bei eigenen Projekten. Solange bis die Vertreter der Opfergemeinden Projekte selbstständig abwickeln können.
Zur Organisation des Seminars stellte Filoxenia folgendes Team zusammen: Panos Poulos (Dipl.-Pol. und Jugendberater), Hana Sebestova (M.A. Arts und Jugendarbeiterin) und Charalampos -Babis Karpouchtsis (M.A. -Pol. und Politikberater).
Das bunte Team von Filoxenia, das unter der Leitung von Panos Poulos das Seminar gestaltete, empfand, dass das Seminar nicht nur konstruktiv zur Fortbildung von Multiplikatoren beitrug, sondern auch neue Perspektiven für Opfergemeinden bieten konnte.
Die Weiterentwicklung von Fortbildungsmaßnahmen wird einen erfolgreichen Know-how-Transfer ermöglichen und die Gemeinden zur Selbsthilfe befähigen. Das Pilotseminar ist der erste Schritt in diese Richtung gewesen, jedoch sind weitere Schritte nötig. Schließlich wird sich eine funktionsfähige Zivilgesellschaft positiv für die örtlichen Gemeinden auswirken und neue Perspektiven für diese schaffen können.
Das Seminar wurde vom Deutsch-Griechischen Zukunftsfonds finanziert.
Text: Filoxenia
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Es war ein super Seminar, habe einiges daraus gelernt und alles war super organisiert und man erhält nützliche Informationen. Danke dafür.
Gruß Anna
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