Die Aufzeichnung der Erinnerungen der Bewohner von Kastoria, ihre Erfahrung aus der Zeit der deutschen Besatzung und die jüdische Gemeinde waren vom 22. August bis 5. September Forschungsthema von 16 jungen Erwachsenen aus Deutschland, Griechenland und anderen europäischen Ländern.
Bei ihnen handelt es sich um Studierende, die an den Projekten von „Aktion Sühnezeichen Friedensdienste“ (Action Reconciliation/Service for Peace) teilnehmen, einer Organisation, die 1958 von der Evangelischen Kirche gegründet wurde und deren Sitz in Deutschland ist. Sie ist besonders durch ihre internationalen Freiwilligenprogramme und die Durchführung von Aktionen der Freiwilligenarbeit in West- und Osteuropa bekannt. Ziel der Organisation ist die Untersuchung der Folgen des Nationalsozialismus und hierfür werden jedes Jahr Freiwillige in Länder geschickt, die während des Zweiten Weltkriegs unter der deutschen Besatzung gelitten haben. Die Freiwilligen schreiben die Erinnerungen der Bewohner dieser Gegenden auf, damit sie als Vermächtnis für die nächsten Generationen erhalten bleiben.
Ein gemeinsames Ziel
In Kastoria hat die Organisation Aktion Sühnezeichen Friedensdienste in den Räumen des Museums des Makedonischen Kampfes ein Sommerlager organisiert. Am Donnerstag, den 27. August wurde dort das Programm, das unsere Gegend betrifft, vorgestellt.
Sultana Zorpidou, die Vertreterin von Aktion Sühnezeichen Friedensdienste in Griechenland sagte: „Das konkrete Projekt wird in Kooperation und mit der Kofinanzierung des deutschen Auswärtigen Amtes durchgeführt. Wir sind heute hier zusammen mit den Jugendlichen. Es sind junge Erwachsene zwischen 18 und 35 Jahren aus Deutschland, der Ukraine, Polen, Israel und Griechenland. Sie alle kommen mit einem gemeinsamen Ziel: die Geschichte unseres Landes kennenzulernen, es lieben zu lernen und, wenn möglich, wiederzukommen.
Während ihres Aufenthaltes hier haben sie sich mit der Geschichte, der Erinnerung und den Erfahrungen der Bewohner während der deutschen Besatzung auseinandergesetzt. Zwei zentrale Punkte des Programms standen bei ihrer Arbeit im Mittelpunkt: die jüdische Gemeinde von Kastoria und der Märtyrerort von Klissoura.
Das Ziel ist, die wichtigsten Punkte für die Geschichte zu erfassen und erstmals aufzuzeichnen, denn wie Sie wissen, bestehen große Mängel im Bereich der Erfassung und Niederschrift der Ereignisse.
Das weitergefasste Ziel jedoch ist, eine Broschüre zu erstellen, die den Schulen, den Einwohnern und den Besuchern von Kastoria zur Verfügung gestellt wird, mit deren Hilfe man den Spuren der alten jüdischen Gemeinde folgen kann.“ Dies unterstrich Sultana Zorpidou.
Am Programm nahm auch der Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Griechenland und Präsident der Generalversammlung der Jüdischen Gemeinde Thessaloniki, Solomon Parente, teil. Er erklärte: „Ich werde mich meinerseits auf einige historische Ereignisse in Kastoria, auf Erinnerungen, beziehen. Vor allem aber müssen wir für die jungen Menschen ins Bewusstsein rücken, dass hier einmal Juden lebten, dass sie sich entwickelten und große Karrieren machten. Doch dann kam leider der Zweite Weltkrieg, der die Juden aus Kastoria verschwinden ließ, ähnlich wie aus den restlichen Regionen Griechenlands.
Was Frau Zorpidou heute umsetzt, hatte eine längere Anlaufzeit. Wir gratulieren zu der Arbeit, die sie hier leistet, und hoffen, dass sie sie fortsetzt, wenn sie die Kraft dafür hat, und ich glaube, dass sie sie hat – damit nicht das Geschehene in Vergessenheit gerät. Das, was wir mit dem „nie wieder“ meinen.
Für mich persönlich ist sehr wichtig, was hier passiert, denn ich stamme von Eltern ab, die in Konzentrationslagern waren, sowohl meine Mutter als auch mein Vater. Die Erinnerungen, die sie mir hinterlassen haben, sind so tief in meiner Seele eingraviert, dass ich jedes Mal, wenn ich sie wieder hochkommen, tief gerührt bin“.
„Unser Ziel ist es, an die Juden in Griechenland zu erinnern.“
Eine der Verantwortlichen der Gruppe war die deutsch-griechische Studentin Johanna Boyka, die von den Erfahrungen sprach, die sie selbst und die anderen teilnehmenden Jugendlichen machten:
„Unser Thema ist die Geschichte Griechenlands und vor allem die jüngste Geschichte von Kastoria und Thessaloniki. Unser Hauptziel ist, an die jüdische Präsenz in Griechenland zu erinnern. Wir werden auch Klissoura besuchen, um der durch die Nazibesatzungstruppen Ermordeten zu gedenken. Abschließend werden wir Thessaloniki besuchen. Bis jetzt haben wir uns mit den Bewohnern von Kastoria getroffen, zusammen mit den „Freunden der Umwelt (Fili tou Perivallontos)“ in „Vouno“ Blumen gepflanzt und mit Mitgliedern der Organisation der Pontos-Griechen von Kastoria getanzt.
Die Jugendlichen, die der Gruppe angehören, kommen aus vielen Ländern. Manche unter ihnen besuchen Griechenland zum ersten Mal, andere wiederum waren schon in der Vergangenheit im Urlaub hier. Jetzt sehen sie Griechenland aus einem anderen Blickwinkel, aus dem Blickwinkel der Einheimischen, und sie lernen viel über unser Land. Das Allerwichtigste ist, dass sie nach Hause zurückkehren, und dass sie mit ihrer Familie und ihren Freunden reden und ein anderes Bild von Griechenland zeigen werden. Denn das Bild, das wir in den Medien sehen, entspricht nicht der Realität“, bemerkt Johanna Boyka.
Eine Erinnerungskultur schaffen
An der Veranstaltung nahm auch die stellvertretende Generalkonsulin von Thessaloniki Anita Englert-Zerbin teil, die den Vertretern der Medien gegenüber unter anderem Folgendes sagte: „Hauptziel dieser Bemühungen ist es, die Voraussetzungen für die Aufrechterhaltung der Erinnerung zu schaffen. Wir wollen eine Erinnerungskultur schaffen und erhalten, damit all diese Geschehnisse, die in Griechenland stattgefunden haben und mit der deutschen Besatzung zu tun haben, festgehalten und niemals in Vergessenheit geraten werden.
Ganz besonders freut uns, dass wir es hier mit einer internationalen Kooperation zu tun haben – und natürlich mit Jugendlichen aus Griechenland und Deutschland – die dazu beitragen wird, dass sie bei diesem äußerst wichtigen Thema zusammenarbeiten, sodass auch ein Ergebnis für die nächsten Generationen zurückbleibt“.
„Ich fühle mich besonders schlecht.“
Die stellvertretende Generalkonsulin vermied es, die Frage der deutschen Reparationen anzusprechen und verwies die Journalisten auf die offizielle Postion der Bundesregierung, indem sie bezeichnenderweise sagte: „Als Diplomatin kann ich nicht antworten, was ich allerdings sagen kann, ist, dass ich mich jedes Mal ganz besonders unwohl fühle, wenn ich eine dieser Gegenden besuche und ich sehe im Detail all das, was geschehen ist. Ich fühle mich ganz besonders schlecht und ich bitte die Menschen jedes Mal um Entschuldigung. Mehr als das kann ich allerdings nicht tun“.
Die Studierenden sind drei Tage in Klissoura geblieben, wo sie die Gelegenheit hatten, mit den Einwohnern zu diskutieren, während die Aktion vor Ort, für die sich sich entschieden hatten, die Reinigung der Strassen der Gemeinde war.
Sie haben darüber hinaus auch Thessaloniki besucht, wo Mitglieder der jüdischen Gemeinde sie durch das Jüdischen Museum führten.
von Eleni Psomadaki
Dieser Artikel ist zuerst auf einem griechischen Online-Medium erschienen – und durfte mit freundlicher Genehmigung der Journalisten in diesem Blog erscheinen. Hier finden Sie die griechische Original-Version.