Das Deutsch-Griechische Jugendwerk (DGJW/ΕΓΙΝ) hat nach langen Verhandlungen am 1. April 2021 seine Arbeit in Leipzig und Thessaloniki aufgenommen. Viele Organisationen und Träger in Deutschland und Griechenland begleiten den Prozess seit Jahren und teilen in Teil Zwei unserer Umfrage ihre ersten Eindrücke vom Jugendwerk, ihre Wünsche und Vorschläge.

„Wir freuen uns, dass nach jahrelangen Vorbereitungen das Deutsch-Griechische Jugendwerk nun endlich Realität geworden ist – und hoffen, dass durch das DGJW eine wertvolle Unterstützung des Jugend- und Fachkräfteaustausches zwischen beiden Ländern geleistet werden wird. Der Hauptverband des Deutschen Jugendherbergswerkes ist gerne bereit, hier als Zentralstelle eng und partnerschaftlich mit den Kolleg:innen des DGJW zusammenzuarbeiten.
Bereits die Vorarbeiten vor der Gründung, vor allem die drei bilateralen Jugendforen seit 2014, die zahlreichen von IJAB veranstalteten Konferenzen und Fachtage sowie natürlich auch die Mittel des BMFSFJ-Sonderprogramms, haben in den vergangenen Jahren in der Trägerlandschaft zu einer Art „Aufbruchsstimmung“ geführt. Auch bei uns wurde der Fokus auf die Chancen einer Zusammenarbeit mit Griechenland gelenkt. Dies zeigt sich nicht zuletzt durch die Unterstützung des DJH bei der Gründung und dem Aufbau eines neuen griechischen Jugendherbergs-Verbandes seit 2016.
Im Sommer 2021 planen wir zwei Jugendbegegnungen: „Hellas peripéteia – Such das Abenteuer!“ und „Footprints in Silence“. Bei dem einen Programm wird das Schwerpunktthema „Nachhaltigkeit“ mit vielen erlebnispädagogischen Methoden verknüpft, bei dem anderen Format nähern sich die Teilnehmenden auf künstlerische Weise der Erinnerung an die deutsche Besatzung Griechenlands im Zweiten Weltkrieg. Für beide Programme nehmen wir noch Anmeldungen entgegen. Wir sind optimistisch, was die Signale der Politik bezüglich der offiziellen Reiserichtlinien zwischen beiden Ländern angeht, und werden selbstverständlich eine corona-
konforme Durchführung sicherstellen.“
Gunnar Grüttner, Deutsches Jugendherbergswerk (DJH)
„Es freut mich sehr, dass es das Jugendwerk nun gibt! Mit Beginn der Pandemie traten gesundheitlichen Risiken, Reisebeschränkungen und Planungsunsicherheiten in den Vordergrund. Ich hoffe, dass das DGJW gute Voraussetzungen schafft, um pausierende Partnerschaften wieder aufleben zu lassen. Ich habe großes Interessen daran, unser noch recht junges Basketball-Austauschprojekt JUMP mit unserem Partner Anagennisi Servion in Servia weiterzuführen. Vielleicht schon in diesem Jahr mit einer Reise in kleinem Rahmen. Für die Bewerbungsunterlagen werde ich mich demnächst mal mit dem DGJW in Verbindung setzen. Ich freue mich auf die Fortführung des Austausch mit lieb gewonnenen Freunden.“
Till Thaler, Projektleiter „JUMP“ beim TuS Neukölln 1865 e.V. | Basketball-Abteilung
„Ich freue mich sehr über die Arbeitsaufnahme des DGJW und wünsche allen Mitarbeitenden einen erfolgreichen Start. In den letzten Jahren konnte ich mit engagierten Partnervereinen eine Zahl deutsch-griechischer inklusiver Projekte durchführen und unseren Jugendlichen durch diesen interkulturellen Austausch die Möglichkeit eröffnen, ihre sozialen Kompetenzen zu erweitern und ihre Persönlichkeit zu entfalten. In erster Linie begrüße ich die Gewährleistung gleicher (finanzieller) Bedingungen für Teilnehmende aus Griechenland und Deutschland und, dass dadurch allen jungen Menschen der Zugang zu Angeboten interkultureller deutsch-griechischer Begegnung vereinfacht wurde.
Das DGJW setzt sich laut Gründungsabkommen und Richtlinien ein für Diversität und Chancengerechtigkeit. Im Verlauf der Begegnung soll die Idee des diversitätsbewussten und inklusiven Austausches besonders verwirklicht werden und die Gruppe junger Menschen ein gemeinsames Programm gestalten. Umso bedauerlicherweise war, dass bei dem rasanten Programmstart zum 30. April 2021 diese Statuten noch keinen Zugang zur Förderpraxis gefunden haben. Denn: Inklusion ist nicht ein „Nice-to-Have“, sondern ein Menschenrecht!
Vor dem Hintergrund der pandemischen Erfahrungen in der (internationalen) Jugendarbeit spüren wir aktuell die Auswirkung der Corona-Krise auf Kinder und Jugendliche durch den monatelangen Wegfall ihrer jugendspezifischen Lebensstile. Und, wie schnell förderwürdige oder benachteiligte junge Menschen „abgehängt“ werden können. Chancengleichheit und Inklusion bedeuten nicht nur Teilhabe durch Zugangserleichterungen, Adaption von Methoden zu gendergerechter und inklusiver Programmgestaltung, Barrierefreiheit in Mobilität und Kommunikation und Austausch auf gleicher Augenhöhe. Es bedeutet auch, personelle, zeitliche und finanzielle Ressourcen für Förderer, Träger und Organisatoren.
Die Entwicklung einer inklusiven Struktur und Kultur leistet einen wichtigen Beitrag zum Wandel unserer deutsch-griechischen Gemeinschaft und bietet den Vorteil von Teilhabe in vielen Bereichen: Wegfall von Zugangsbarrieren für griechische Teilnehmende aus ländlichen Regionen (und nicht nur aus urbanen Ballungsgebieten) oder strukturschwachen Gebieten, wie den griechischen Opferdörfern, Überwindung von Hemmungen durch Sprachbarrieren oder fehlender Kenntnisse der Verfügbarkeit von Fördermitteln, barrierefreie Informationen und Kommunikation für alle Projektinteressierten, Ermutigung von Schulen zum Austausch durch Herabsetzen bürokratischer Hemmnisse, Unterstützung inklusiver Projektformen und Zielgruppen sowie offene Formate pädagogischer Trainings nicht nur für ausgewählte Fachkräfte. Dies alles getragen von partizipativer Einbindung engagierter Zivilgesellschaft und aktiven Jugendträgern, dem Austausch mit erfahrenen Zentralstellen und einer entsprechend kollegialen Unterstützung im deutsch-griechischen Netzwerk.
Das gemeinsame Ziel wäre für mich für in der nächsten Antragsrunde ein „Deutsch-Griechisches Jugendwerk für Alle“, das wir sehr gerne kooperativ unterstützen, auszubauen und mit vielfältigem Leben zu füllen. Unter Berücksichtigung von konkretem Förderbedarf für breiteninklusiven Austausch und inklusiver Programmsettings. In 2021 werden wir im Partnerverbund von PERPATO Komotini, Anna-Freud Schule Köln und FAR Polen das trilaterale mixed-abled Performance-Projekt „die MASKE“ durchführen. Wir freuen uns sehr, trotz aller coronabedingten Barrieren, inklusiven Jugendaustausch in Präsenz organisieren zu können.“
Anja Hack, Projektleiterin für inklusive internationale Austauschprojekte
„Nachdem wir an der politischen Initiative und der Entstehungsgeschichte des DGJW von Anfang an beteiligt waren, freuen wir uns natürlich über den Start und die weiteren Schritte zum einem funktionierenden Jugendwerk, das wir gerne aktiv und mit allen unseren Erfahrungen unterstützen möchten und von dem wir uns erhoffen, dass es unser Angebot in Deutschland, Griechenland und europaweit noch bekannter macht. Nach dem etwas holprigen Start mit den DGJW-Büros in Leipzig und Thessaloniki, sehr kurzfristigen Antragsfristen und Veränderung von Formularen und einer (sehr kurzen) ersten Videokonferenz, erhoffen wir uns möglichst viel Transparenz, pluralistische Teilhabe sowie einen kontinuierlichen Austausch- und Kooperationsprozess mit dem DGJW und seinen Repräsentanten.
Schwerpunkte sind dabei für uns immer Diversität, das kulturelle Lernen und die soziale Inklusion. Wir freuen uns auch auf konkrete Handlungsanstöße des neuen Teams zur Verbesserung unserer Beteiligung am DGJW und das wir uns dann auch mal nach der Pandemie persönlich kennenlernen können.
Wir sind seit über dreißig Jahre für die deutsch-griechische Zusammenarbeit im Rahmen unserer bescheidenen Möglichkeiten als Verein mit seinen Mitstreiter*innen und unserer Einrichtung auf dem Peloponnes engagiert. Wir sind gut vernetzt und versuchen stets Kontakte zwischen griechischen Jugendlichen und Vereinen sowie deutschen bzw. internationalen Gruppen herzustellen. Die Gründung des DGJW und die Fördermöglichkeiten haben sich schon bis in die Kommunen unserer Region rumgesprochen und es gibt bereits diesbezügliche Anfragen, die wir gerne unterstützen wollen.
In diesem Jahr haben wir bereits Anmeldungen einer Jugendeinrichtung aus Kamen/NRW und eines Schulprojekts aus Beeskow/Brandenburg und natürlich je nach Lage und Terminabsprachen Kapazitäten für Maßnahmen und den Fachkräfteaustausch frei. Wir haben aktuell ein weiteres Gebäude als Jugendherberge eingerichtet, sind Gründungsmitglied des griechischen Jugendherbergsverbandes „HI Greece“ und verfügen mittlerweile über 30 Betten und ein vielfältige Angebote für Gruppen und Austauschmaßnahmen.“
Rolf Stöckel, Arbeitsgemeinschaft für internationale Jugendprojekte Unna e.V. und Projekt Ger-Man, ehemaliger Beauftragter zur Anbahnung des DGJW
„Wir freuen uns sehr über das DGJW, denn wir haben schon mit dem Sonderprogramm vom BMFSFJ sehr gute Erfahrungen im deutsch-griechischen Austausch gemacht. Für uns ist es, nach anderthalb Jahren Corona-Pandemie, wichtig, die Partnerschaften und vor allem das persönliche Kennenlernen mit unserem griechischen Partner anzubahnen.
Wir arbeiten seit knapp zwei Jahren mit der griechischen NGO Praxis in Serres zusammen. Dennoch konnte ein persönliches Treffen auf Leitungsebene zwischen unserer Organisationen noch nicht stattfinden. Ich hatte gehofft, dass sich eine Erkundungsreise bzw. ein Planungstreffen hätte gefördert werden können, aber diese scheint nicht mit den DGJW-Förderrichtlinien vereinbar zu sein. Daher ist ein Austausch in diesem Jahr eher unrealistisch, aber wir hoffen darauf, dass wir eine Fachkräftemaßnahme für das nächste Jahr entwickeln können. Wir sehen viele Verzahnungsmöglichkeiten zwischen unserer Arbeit mit jungen Menschen mit Migrationshintergrund aus West Afrika und Praxis hat Erfahrungen in der Arbeit mit jungen Leuten aus der Yezidi Community. Außerdem möchten wir Konzepte für Jugendbegegnungen mit erlebnispädagogischem Charakter zusammen entwickeln.“
Peter Mitchell, FUSION-Intercultural Projects Berlin e.V. und Lernlabor Berlin
Teil Eins der Umfrage unter den Trägern finden Sie hier, der dritte Teil folgt am kommenden Montag.
Quelle: agorayouth.com
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2 Gedanken zu “Was lange währt, wird…: Umfrage zum Start des DGJW”