Von Kreta zurück nach Berlin: Seit vier Wochen ist Carleen Rehlinger (19) zurück in Deutschland. Vor einem Jahr ging sie für ihren Freiwilligendienst nach Chania in die Etz Hayyim Synagoge, um sich mit dem Nationalsozialismus und seinen Auswirkungen auf die jüdischen Gemeinden der Insel zu befassen. Nun denkt sie ein wenig sehnsüchtig an ihre Zeit in Griechenland, auf die sie im dritten Teil dieser Serie zurückblickt.
Zu Ende ging mein Freiwilligendienst mit Aktion Sühnezeichen Friedensdienste (ASF) mit dem Abschlussseminar auf dem Peloponnes – gemeinsam mit den vier anderen Griechenland-Freiwilligen. Es waren sehr schöne, aber ebenso traurige letzte Tage. Vor bester Kulisse gingen wir zum letzten Mal im Meer schwimmen. In einer traditionellen Taverne genossen wir das letzte Mal bestes griechisches Essen.


Natürlich tauschten wir uns beim Seminar auch über die Erfahrungen unseres Dienstes aus. Für mich am bedeutendsten war die Auseinandersetzung mit den Verbrechen der Deutschen während des Nationalsozialismus in Griechenland, insbesondere in der Region meines Projektortes, der Etz Hayyim Synagoge auf Kreta. Zwar stand die Shoah dabei im Vordergrund, über die ich täglich in meinen Führungen sprach, aber ich kam auch mit vielen anderen Aspekten der deutschen Besatzung in Berührung, etwa bei dem Besuch mehrerer Märtyrerdörfer im Westen Kretas, in denen große Teile der Zivilbevölkerung in brutalen Massakern ermordet wurden und die zum Teil komplett niedergebrannt worden sind. Da ich über diese Verbrechen vor meinem Freiwilligenjahr kaum etwas wusste, spielte für mich die Diskussion um die heutige Aufarbeitung in Deutschland und auch in Griechenland eine genauso wichtige Rolle wie die um die Bedeutung meiner deutschen Herkunft, da diese für mich mit einer besonderen Verantwortung hinsichtlich der Aufarbeitung des Nationalsozialismus einhergeht.

Mein Wissen konnte ich auch in vielen anderen Bereichen erweitern: So bekam ich durch meine Arbeit in der Synagoge zum Beispiel viele Einblicke in die jüdische Kultur. Zusätzlich habe ich auch ein Land und dessen Kultur sowie Sprache kennengelernt. Verliebt habe ich mich insbesondere in die Landschaft Kretas: in die zahlreichen Strände, die verwinkelten Gassen und die einsamen Bergdörfer.
Am wichtigsten dafür, dass ich mich während des letzten Jahres so wohlfühlte, war aber definitiv mein „Arbeitsteam“ in der Synagoge. Hatte ich von Anfang an den Eindruck, dort gut aufgehoben zu sein, ist das Team in den vergangenen Monaten wie eine Familie für mich geworden. Sich am Ende vom Seminar dann endgültig von meinem Freiwilligendienst und Griechenland zu verabschieden, ist mir dadurch sehr schwergefallen. Durch meine enge Verbundenheit zu meiner Einsatzstelle bin ich aber sicher, dass ich Kreta schon sehr bald wiedersehen werde!
Hier geht es zu Teil 1 der Serie auf agorayouth.com über das Ankommen in der Einsatzstelle und auf Kreta und hier zu Teil 2, in dem Carleen über ihre Arbeit in der Synagoge berichtet.
Text und Fotos: Carleen Rehlinger
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