Wie könnte die Zukunft des deutsch-griechischen Jugendaustauschs aussehen und lassen sich Zentralstellen auch in Griechenland etablieren? Um diese Fragen ging es beim Auftakt der ersten Präsenzveranstaltung des Deutsch-Griechischen Jugendwerks im Konzerthaus in Thessaloniki.

Etwa 30 Vertreter der Zentralstellen sowie griechische Träger im deutsch-griechischen Jugendaustausch sind am Montagnachmittag in Thessalonikis Konzerthaus Megaro Mousikis zusammengekommen, um sich über die ersten Monate Deutsch-Griechisches Jugendwerk (DGJW) auszutauschen und einen Blick in die Zukunft zu werfen. Nach einer Videobotschaft des griechischen Generalsekretär für berufliche Bildung, lebenslanges Lernen, Jugend und stellvertretenden Vorsitzenden des DGJW-Aufsichtsrates, Georgios Voutsinos, präsentierten die Generalsekretäre Maria Sarigiannidou und Gerasimos Bekas eine erste Bilanz. 

Austausch in Pandemiezeiten
«Es war kein leichtes Jahr für die Jugendarbeit und auch hier konnten wir nur unter Einhaltung strenger Hygienemaßnahmen und mit einer reduzierten Teilnehmendenzahl zusammenkommen», sagte Bekas. «Auch die bürokratischen und formalen Hindernisse haben uns aufgehalten, noch effizienter zu sein», fügte Sarigiannidou hinzu. Ziel der Konferenz jetzt sei es, das Eis zu brechen und sich gemeinsam beherzt an offene Baustellen zu machen.

«Da die Pandemie uns weiter begleitet, haben wir uns entschlossen, für das Jahr 2022 zusätzliche Mittel zur Verfügung zu stellen», kündigte Bekas weiter an. So werde es etwa einen Corona-Bonus in Höhe von 15 Euro/Tag geben und die Kilometerpauschale erhöht werden. Auch wolle sich das DGJW mit dem auf zwei Jahre angelegten Projekt «Erinnern für Morgen» verstärkt dem Thema Erinnerungsarbeit widmen. Eine erste Fachkonferenz dazu, sei für den 13. bis 15. Dezember 2021 in Leipzig geplant (in Kürze mehr dazu auf dem Blog). 

Stimmen aus der Praxis
In den vergangenen sechs Monaten seit der Arbeitsaufnahme am 1. April habe es 78 Projekte gegeben, die Mehrheit davon in Griechenland, berichteten die Generalsekretäre. Eins davon war das Projekt «Memories and Reflections», in dem sich 25 Jugendliche zwischen 17 und 26 Jahren dem Thema Erinnerungsarbeit widmeten und unter anderen auch das Märtyrerdorf Distomo besuchten, berichtete Kelly Manoudi (Euphoria Youth Lab, Athen). «Trotz der Corona-Auflagen war die Begegnung sehr gut, nun versuchen wir im November einen zweiten Teil in Deutschland zu organisieren», sagte sie. 

Anja Hack stellte das inklusive Theater- und Tanzprojekt «die MASKE» vor, in dem Jugendliche mit und ohne körperliche Behinderung aus den drei Ländern Deutschland, Griechenland und Polen zusammen kreativ sind. Sie verdeutlichte, dass die Pandemie in der Arbeit mit der Zielgruppe, nochmals andere Bedarfe zeige: Verkleinerte Gruppen, ein geringerer Betreuerschlüssel, größere Räumlichkeiten, strikte Hygienkonzepte und damit auch: mehr Kosten.

Ein Jugendaustausch zum Thema Ökologie und Landschaften verbirgt sich hinter dem Projekt «Ecoscapes» , das Maria Marioli vorstellte. 36 Teilnehmende zwischen 20 und 30 Jahren kamen im Rahmen des Yonder Festivals 2021 in Zagori im Epirus zusammen, um Einblicke in die biologische Vielfalt der Umgebung zu bekommen. Das Highlight: Eine Wanderung durch die Vikos Schlucht.

Quo vadis?
Zur Weiterentwicklung des deutsch-griechischen Austausches gehört auch die Frage: Können auch in Griechenland Zentralstellen implementiert werden? «Ja, ich kann nur dazu ermuntern, aber natürlich braucht es Zeit, so etwas aufzubauen», plädierte Thomas Hetzer vom Deutsch-Polnischen Jugendwerk (DPJW) in einem Impulsvortrag. Das, was Träger an Informationen zu über Zentralstellen fänden, sei wenig und das Wenige sei zudem abschreckend. Hetzer betonte, dass trotz oder wegen der fehlender Definition die Chance bestehe, «prozess- und bedarfsorientiert ein eigenes Zentralstellensystem aufzubauen.» Diese können aus größeren Dachverbänden der Jugendarbeit oder Bildungsstätten bestehen – genauso denkbar seien aber auch freie Zusammenschlüsse von Vereinen oder Jugendgruppen, berichtete er aus dem deutsch-polnischen Kontext. Daraus könnten sich «Leuchttürme in der Landschaft»  entwickeln, die sich auch trauten, neue Dinge zu entwickeln und den bilateralen Austausch insgesamt voranzubringen.

Was es dazu braucht? «Wir würden gern die ersten Schritte in diese Richtung gehen, müssen dazu, aber festlegen, welche Strukturen oder Organisationen einige Merkmale oder Profile erfüllen und welche Konstellationen denkbar sind», fasste Sarigiannidou die Aufgabe zusammen – das sei auch eine Einladung zum Mitdenken in den kommenden Konferenztagen.

Text und Fotos: Lisa Brüßler

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