Berlin: Ausstellung über Theaterkünstler Renato Mordo startet

Die Ausstellung „Renato Mordo: jüdisch, griechisch, deutsch zugleich – ein Künstlerleben im Zeitalter der Extreme“ macht vom 3. bis 17. März Halt in Berlin. Der Theaterkünstler mit jüdischen Wurzeln überlebte die deutsche Besatzung Griechenlands im Athener KZ Chaidari. In der Landesvertretung Rheinland-Pfalz können Besucher mehr über sein Leben und Wirken erfahren. 

1894 als Sohn eines jüdisch-griechischen Kaufmanns aus Korfu und einer jüdischen Österreicherin in Wien geboren, wurde Renato Mordo einer der produktivsten Regisseure und Theaterkünstler der Weimarer Republik. Zur Erinnerung an den Theaterkünstler eröffnete 2020 die Wanderausstellung „Renato Mordo: jüdisch, griechisch, deutsch zugleich – Ein Künstlerleben im Zeialter der Extreme“ in der Gedenkstätte KZ Osthofen in Rheinland-Pfalz. Neben dem Schicksal des Künstlers legte die Ausstellung auch einen Schwerpunkt auf die Darstellung der deutschen Besatzung Griechenlands und deren Auswirkungen auf das Land. Sie wurde seitdem unter anderem an der Deutschen Schule Athen, im Hessischen Staatsarchiv Darmstadt und im Goethe-Institut Thessaloniki gezeigt. Nun macht sie bis zum 17. März Halt in der Landesvertretung Rheinland-Pfalz in Berlin.

Viele Stationen: Von Wien nach Oldenburg und Darmstadt
Die Details der Vita von Renato Mordo waren der Öffentlichkeit lange Zeit nicht bekannt. Mordo hatte gegen den Willen seines Vaters Schauspiel und Regie in Wien studiert. Neben seiner Theaterarbeit debütiert er noch während der Erste Weltkrieg geführt wird auch als Autor. 

1920 übernimmt Mordo als jüngster Theaterdirektor in Deutschland die Leitung des Landestheaters im niedersächsischen Oldenburg. Er bleibt knapp drei Jahre. Es folgen Stationen in Breslau und Dresden bevor er 1928 als Oberspielleiter ans Hessische Landestheater in Darmstadt gerufen wird. Er arbeitet neben der Regiearbeit weiter auch an dramaturgischen Schriften.

Vier Jahre später geht er mit seiner Familie ins Exil nach Prag. Er wird Oberspielleiter der Oper am Neuen Deutschen Theater und unterrichtete an der Deutschen Akademie für Musik und Darstellende Kunst als Dozent für Operndramaturgie und Regie. Dort konnte er an seine Erfolge anknüpfen. Nach dem deutschen Einmarsch ins Sudentenland im Herbst 1938 und der Zerschlagung der Tschechoslowakei musste Mordo erneut fliehen. Das Ziel: Griechenland, das Heimatland seines Vaters Rodolfo.

Aufbau der Athener Oper
Angekommen um Ostern 1939 wurde Mordo wenig später leitender Regisseur an der neu gegründeten Griechischen Staatsoper – denn er besaß die griechische Staatsbürgerschaft und sprach die Sprache. Die Entwicklung der Athener Oper wurde von Renato Mordo maßgeblich vorangetrieben. In Athen arbeitete unter anderem auch mit Künstlern wie der Opernsängerin Maria Callas. Nebenbei inszenierte er auch am Sprechtheater.

Griechenland befand sich zu diesem Zeitpunkt seit drei Jahren in der Diktatur von Metaxas. Anfang April 1941 befiehlt Hitler den Balkankrieg gegen Jugoslawien und Griechenland. Wenig später, am 9. April 1941 wurde Thessaloniki von den Nazis besetzt. Die griechische Armee kapituliert am 20. April, auf der Akropolis in Athen hissen deutsche Soldaten sieben Tage später die Reichskriegsflagge. Die italienische ist zuerst die ausschlaggebende Besatzungsmacht und setzt die Judenverfolgung nur zögerlich oder gar nicht um, sodass Mordo zuerst weiterarbeiten kann. In der Zeit ist er vor allem für das Kotopouli-Theater und andere Sprechtheater tätig. 

Inhaftiert im KZ Chaidari
Als Italien Anfang September 1943 kapituliert, fallen die die Gebiete den deutschen Besatzungsbehörden zu, die mit Brutalität vorgehen. Konzentrationslager und Haft- und Folterstätten werden errichtet. Eine davon befindet sich mitten im Athener Zentrum in der Korai Straße 4. Im Vorort Chaidari, nur sechs Kilometer von der Akropolis entfernt, entsteht ein Konzentrationslager über das die Deportationen verliefen. Dort fanden auch Massenerschießungen statt. In Chaidari werden bis zur Schließung im September 1944 Schätzungen zufolge zwischen 20.000 und 25.000 Menschen inhaftiert.

Die SS erlässt Anfang Oktober die Anordnung, dass sich alle Juden in Athen binnen fünf Tagen registrieren müssen. Mordo versucht in den Untergrund zu gehen und Möglichkeiten zur Flucht zu finden, doch er ist nicht erfolgreich und bekommt ein Arbeitsverbot auferlegt. Im Frühsommer 1944 wird er verhaftet und ins KZ Chaidari verschleppt. Bis September 1944, als die deutschen Besatzer abziehen, ist er inhaftiert. 

Er überlebt und verarbeitet das Gesehene und Erlebte in dem Theaterstück „Chaidari“. Die Zeit der Besatzung ging in eine Zeit des Bürgerkriegs über, doch Mordo konnte wieder als Spielleiter an der Griechischen Staatsoper tätig sein. Sein Vertrag wurde jedoch nicht verlängert, weil er im Verdacht stand, mit den äußerst Linken zu sympathisieren.

Remigration nach Deutschland
Nach Engagements an Theatern in Ankara (Türkei) und Tel Aviv (Israel) kehrte Mordo 1952 nach Deutschland zurück und bekam ein Engagement als Leiter der Mainzer Oper. Dort schuf er auch ein heiteres Stück über den Mainzer Karneval. Er wurde zu einer Art Kulturmittler zwischen Deutschland und Griechenland. Anträge von ihm und seiner Familie auf Entschädigung für das unter dem NS-Regime erlittene Unrecht scheiterten in erster Instanz. Mitten in der Probenarbeit starb Mordo 1955 nach kurzer schwerer Krankheit. Er wurde in Mainz beigesetzt. Nach seinem Tod erhielten er und seine Frau Trude Mordo positive Bescheide.

Die Ausstellung besuchen
Die Ausstellung kann vom 3. bis 5. März 2023 sowie 11. bis 17. März 2023 jeweils 10 und 18 Uhr nach vorheriger Anmeldung per Mail unter: veranstaltungen.berlin@stk.rlp.de in der Landesvertretung Rheinland-Pfalz (In den Ministergärten 6, 10117 Berlin) besichtigt werden.

Die Ausstellung wurde von dem Gräzisten und Dramaturgen Torsten Israel (Mannheim) konzipiert, von Marita Hoffmann (Llux Agentur & Verlag, Ludwigshafen) gestaltet und hergestellt und unter der Gesamtleitung sowie fachlichen Mitwirkung von Uwe Bader seitens der Landeszentrale für politische Bildung Rheinland-Pfalz realisiert. Mehr Informationen im PDF:

Text: Lisa Brüßler

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit Deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Twitter-Bild

Du kommentierst mit Deinem Twitter-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit Deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..