Aus über 200 Stunden Videomaterial – aufgenommen von Jugendlichen aus Deutschland und Griechenland – ist ein Dokumentarfilm entstanden. Er nimmt die Zuschauer mit in der Region Zagori und nach Ioannina auf die Suche nach den Schatten der Vergangenheit und danach, was Erinnerung und Verantwortung bedeuten.

Knapp 30 Kilometer nördlich von Ioannina im griechischen Epirus liegt das kleine Dorf Vitsa. Es ist Teil der Region Zagori, die für ihre Natur berühmt ist. Zwischen 1941 und 1944 wurde sie allerdings Ort grausamer Verbrechen: Dort brannte die 1. Gebirgsfeldjägerdivision „Edelweiß“ während der deutschen Besatzung Dörfer und Häuser nieder und mordete. Die Folgen davon sind in der Region bis heute präsent.

Mit diesem Thema befasste sich im vergangenen Herbst eine rund 30-köpfige Gruppe junger Menschen aus Deutschland und Griechenland. Organisiert wurde der Austausch vom Verein „Respekt für Griechenland“ aus Berlin und Epekeina Hora aus Vitsa. Zu dem Austausch über Fragen der Erinnerungskultur, der Verantwortung, Versöhnung und auch der Schuld gehörten auch Begegnungen mit Bewohnerinnen und Bewohnern der Opferdörfer der Region, mit Experten und Verantwortlichen. Auch wurde sich mit dem jüdischen Leben bzw. dessen Spuren befasst.

Zum Film „Auf den Spuren der gemeinsamen Geschichte“ auf YouTube👇

Das Unbegreifliche versuchen zu begreifen
Neben den schönen Erinnerungen ging es auch kontinuierlich um die Beschäftigung mit den oft schweren und bedrückenden Fragen: „Immer wieder ging es um den Versuch, das Unbegreifliche zu begreifen“, reflektieren die beiden Organisatoren. Diesen Versuch begleitete eine Gruppe Jugendlicher unter Anleitung von  Dokumentarfilmer Ulli Jossner filmisch. Sie hielten die Stimmungen und Gefühle der Gruppe während der Begegnungen und der anschließenden Workshops fest. Teilnehmerin Anna-Maria Takaliou aus Thessaloniki etwa ordnet die verschiedenen Begegnungen so ein, dass diese ihr verstehen halfen, dass die jüngere Generation nicht die „Last der Schuld für die Taten in der Vergangenheit tragen müssen, sondern die Last der Verantwortung für die Zukunft“ – dazu gehöre auch das Lösen offener Fragen aus der Vergangenheit.

Sie schildert ihre Eindrücke bei den Begegnungen wie folgt: „In Asprangeloi begrüßten uns die Vorsitzenden der Kulturvereine von Asprangeloi und Elati. Im Heimatmuseum von Asprangeloi sahen wir eine Fotoausstellung über beide Dörfer vor ihrer Zerstörung im Jul 1943. Der anschließende Vortrag des Historikers Alekos Raptis aus Ioannina über die Untaten der Gebirgsjägerdivision „Edelweiß“ in der Region Epirus hat uns alle sprachlos gemacht. Bei der Führung durch ihre Dörfer wiesen uns die beiden Vorsitzenden auf die unauslöschlichen Spuren der Zerstörung hin, die trotz des Wiederaufbaus noch immer zu sehen sind. Zum Abschluss halfen wir mit Hacken, Sägen und Baumscheren bei der Öffnung eines „Friedenspfades“ oberhalb von Asprangeloi. Wir genossen nicht nur das Wandern im Wald, sondern setzten auch ein kleines Zeichen, das unseren Wunsch nach Versöhnung und Heilung der Wunden der Vergangenheit zum Ausdruck brachte.“


Emotionen darstellen
Filmer Jossner führte die Jugendlichen in die Grundlagen des Dokumentarfilmens ein – Schnitt und Ton des über 200 Stunden umfassenden Materials lagen dann im Anschluss bei ihm. “ Ich habe nicht nur aus meiner Perspektive beobachtet, sondern konnte auch sehen, wie jeder auf seine eigene Art und Weise von den Aktivitäten der Begegnung betroffen war. Das gab mir die Möglichkeit, mein persönliches Ego loszulassen und meine Empathie für alle Teilnehmer zu entwickeln“, berichtet Anna-Maria Takaliou über das Filmen. Daraus entstand in der Gruppe die Idee, Kurzvideos der Teilnehmenden einzubauen, in der diese die Frage „Was bedeutet für dich Erinnerung?“ beantworten – jeder anders.

„Ich war nicht nur Teil von etwas, das größer ist als ich selbst, sondern ich konnte auch miterleben, wie das menschliche Gesicht Emotionen darstellt und wie diese Emotionen unsere Denkweise prägen.“

Teilnehmerin Anna-Maria Takaliou

Der Film wurde über ein beim Deutsch-Griechischen Jugendwerk (DGJW) beantragtes Kleinprojekt gesondert gefördert. Die Mittel für die aufwändigen Arbeiten seien jedoch nicht annähernd entgolten worden, sodass sich ein weiterer Film über die nächste Begegnung nicht geleistet werden könne, hieß es seitens des Vereins „Respekt für Griechenland“.


Mehr zum Einsatz von Material zur Erinnerungsarbeit bei Jugendbegegnungen und Schulaustauschen auf agorayouth..

Quelle: Respekt für Griechenland

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