Marc Delalonde ist Teil des diesjährigen START-Stipendiaten-Jahrgangs der Robert Bosch Stiftung. In der Hamburger Kulturorganisation HausDrei e.V. hospitiert er noch bis Mitte November mit seinem Projekt Symbio(s)Art. Das Thema: Die emotionale Verbindung vom Menschen zur Natur über Kunst.
Kannst Du dich daran erinnern, ob in deinem Leben bestimmte Orte, Erfahrungen, Pflanzen, Menschen und Tiere, die Art und Weise geprägt haben, wie Du vom Kindesalter an die Natur wahrnimmst und dich ihr gegenüber verhältst? Das ist eine der Fragen, die sich Marc Delalonde zu Anfang seiner Projektidee stellte. Entstanden ist daraus das Projekt Symbio(s)Art, das er zehn Tage lang Ende Oktober im HausDrei, einem soziokulturelles Zentrum in Hamburg-Altona, umsetzen wird. Das Projekt richtete sich an Kinder und Jugendliche als auch erwachsene Stadtbewohner der Hansestadt und besteht aus zwei Teilen. „Die Idee ist, dass sich die Menschen sich dadurch selbst beobachten und darüber reflektieren, welchen Platz die Natur im Alltag einnimmt“, sagt Marc, der Kulturmanagement in Frankreich und Griechenland studiert hat.
Über Igel und sich selbst lernen
Der erste Teil ist ein Workshop für Kinder zwischen sechs und 12 Jahren: „Im Herbst brauchen Igel sehr viel Nahrung, um sich auf den Winterschlaf vorzubereiten, deswegen wollen wir ein Unterschlupf mit Nahrung für sie im HausDrei Park bauen“, sagt Marc. Dabei sollen die Kinder nicht nur lernen, wie Igel leben und ihre Lebenszyklus aussieht, sondern auch konkret etwas zu deren Wohlergehen beitragen. Jedes Kind kann dabei einen Aspekt des Lebens zeichnen oder malen. „Beim Abschlussevent sollen die Bilder dann ausgestellt werden, sodass die Kinder ihren Familien zeigen können, was sie erstellt und gelernt haben und wie der Unterschlupf aussieht“, erklärt Marc.
Der zweite Teil richtet sich an Erwachsene und ist ein Schreibworkshop. Dort können die Teilnehmer ihre „Symbiographie“ schreiben. Zwei Mal soll sich die Gruppe treffen, um eine Kurzgeschichte über ihr Leben in Bezug auf die Natur zu schreiben. Von kleinen Texten über Cluster-Techniken bis hin zum Schreiben von Haiku-Poesie sollen die Teilnehmer frei wählen können, in welcher Form die Geschichte erzählt wird. „Die Idee war, zurück zur Kindheit zu gehen und zu fragen wer und was eine Rolle gespielt hat in Bezug auf die Natur und was das für Auswirkungen auf ihren Umgang mit der Natur heute hatte“, sagt Marc. Dabei soll auch der Park des Kulturzentrums als kreativer Raum genutzt werden. „Bei der Abschlussveranstaltung am 31. Oktober haben die Teilnehmer dann die Chance, ihre Geschichte den anderen vorzustellen und ihre Eindrücke mit den anderen zu diskutieren“, erklärt Marc.
Details zum Schreibworkshop
Workshop mit Armin Jäger (SchreibSchwung)
Montag, 25. Oktober | 17-21 Uhr | begrenzte Teilnehmerzahl
Die Teilnahme ist kostenlos. Anmeldung unter: info@haus-drei.de (mit Angabe von Name und Alter)
Drei Fragen an den START-Stipendiaten Marc Delalonde

© Emma Kyriakopoulou for START – Create Cultural Change
Agorayouth: Marc, wo kommt die Idee für den Name deines Projektes „Symbio(s)Art“ her?
Marc Delalonde: Der Ursprung liegt in meinem Projekt „Generation Symbiocene“ in Griechenland, das eine Serie von Experimenten und eine Maßnahme ist, um das Narrativ der ökologischen Krise über storytelling und partizipative Kunstpraktiken zu ändern. Der australische Philosoph Glenn A. Albrecht prägte das Konzept der „Symbiocene“. Symbio(s)Art bezieht sich also einerseits auf die Kunst des in Einklang Lebens (sum-bion) mit der Natur und all ihren Lebewesen und ist andererseits eine neue Form der Kunst (SymBioArt), die mit partizipativen Aktivitäten arbeitet. Diese Aktivitäten haben zum Ziel, dass eine emotionale Symbiose zwischen dem Teilnehmer und der natürlichen Welt entsteht. Kinder können ein emotionales Band mit der Natur knüpfen, in dem sie mehr über die Bedürfnisse zum Beispiel eines bestimmten Tiere erfahren. Für die Erwachsenen ist das Projekt mehr introspektiv: Es geht darum, auf emotionale Verbindungen aus der Vergangenheit mit der Natur zurückzugreifen, um die aktuelle Verbindung neu zu überdenken.
Agorayouth: Warum die Verbindung von Kultur und Natur – worin liegt deine Motivation?
Delalonde: Das ist eine sehr gute Frage. Wenn wir einen gesellschaftlichen Wandel anstoßen und das ökologische Desaster stoppen wollen, müssen wir die soziale Darstellung von Natur ändern. Wir müssen also verstehen, dass wir ein Teil davon sind und Kultur nicht von der Natur abgetrennt betrachtet werden kann. Die Dichotomie von „NaturKultur“ war im 19. Jahrhundert in der Kunst sehr stark, zum Beispiel in der Romantik, aber das hat sich in den 1960er Jahren geändert. Ich bin fest davon überzeugt, dass emotionale Symbiose zu „Liebe“ führt, Liebe führt zum Kümmern und das Kümmern führt dann zum Schutz – dafür braucht es die emotionale Verbindung.
Agorayouth: Was würdest du denn gern hier in Hamburg ausprobieren und mit dir zurück nach Griechenland nehmen?
Delalonde: Dass ich die Arbeit hier in HausDrei beobachten darf, bringt mir viele hilfreiche Einblicke für später. In Griechenland möchte ich einen Symbiographie-Workshop durchführen und die Workshops hier helfen mir, herauszufinden, ob die Aktivitäten es schaffen, dass die Kinder und Erwachsenen eine emotionale Verbindung zur Natur herstellen. Und natürlich lerne ich auch, wie ich die Aktivitäten zu organisieren habe, weil ich ein klareres Bild von den wichtigen Schritten habe. Außerdem würde ich gern die Ergebnisse aus Deutschland mit denen in Griechenland vergleichen, zum Beispiel in einer Ausstellung.
Über das HausDrei e.V.
Das Kulturzentrum versteht sich als Treffpunkt für die Nachbarschaft und organisiert Kulturveranstaltungen wie Theater, Comedy und Poetry Slams, aber auch Flohmärkte. Es finden Holz-, Metall- und Keramik-Workshops dort statt. Im Park gibt es zudem eine Kletterwand. Auch für Kinder werden Veranstaltungen rund um Kino, Theater und Kultur angeboten. „Das Ziel ist, eine tolerante, nachhaltige und kreative Umgebung für die Nachbarschaft und darüber hinaus zu schaffen“, schreibt die Organisation über sich.
Symbio(s)Art wird im Rahmen von “START – Create Cultural Change” gefördert. START ist ein Programm der Robert Bosch Stiftung, das in Zusammenarbeit mit dem Goethe-Institut Thessaloniki und der Bundesvereinigung Soziokultureller Zentren durchgeführt und von der John S. Latsis Gemeinnützigen Stiftung und der Bodossaki-Stiftung unterstützt wird. Weitere Informationen finden Sie unter: bosch-stiftung.de/start l fb.com/startgreece l startgreece.net
Mehr zum START- Projekt aus dem Jahr 2018 auf agorayouth
Text: Lisa Brüßler
Fotos: Emma Kyriakopoulou for START – Create Cultural Change, Marc Delalonde
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2 Gedanken zu “„Wir müssen die soziale Darstellung von Natur ändern“”