Was wird bleiben von meinem Freiwilligen Sozialen Jahr in Athen? Das habe ich mich nach meiner Zeit in Griechenland im Sommer 2014 gefragt.

von Friedrich Kersting

Ich habe in Athen in einem Wohnheim für unbegleitete, minderjährige Flüchtlinge gearbeitet. Im Rahmen des „Elande“-Projektes (eine Kooperation der Evangelischen Freiwilligendiensten, der evangelischen, deutschsprachigen Gemeinde Athen und dem griech.-orthodoxen Hilfswerk „Apostoli“ zum Austausch von griechischen und deutschen Jugendlichen) war ich vom September 2013 bis Juli 2014 in Athen und habe viele unterschiedliche Erfahrungen gemacht.

Ich kann das auch jetzt, anderthalb Jahre später, nicht umfassend beantworten. Neben Freundschaften und meiner Sympathie zu Griechenland ist es sicher auch die Flüchtlingsthematik, die mich seitdem interessiert und die ich intensiv auf verschiedene Arten verfolge.

Durch meine Arbeit in dem Wohnheim hat sich in mir ein Bewusstsein für dieses Thema entwickelt, aus dem heraus ich auch jetzt noch handle. Das Kennenlernen und Erleben von echten Personen mit ihren echten Geschichten verhalf mir zu einem sehr persönlichen Zugang zu diesem Thema.

Vom Helfer zum Freund

Nicht zu allen, aber zu einigen von ihnen habe ich noch Kontakt. Mittlerweile wohnen die Flüchtlinge in verschiedenen europäischen Ländern. Via Facebook schreibe ich mit den Jungs, die jetzt in England, Schweden oder Finnland leben. Einen habe ich bei einem Besuch in Athen im letzten Jahr wiedergetroffen und mit einem habe ich mich in Potsdam verabredet.

Dieses Treffen war besonders schön, weil der 16-jährige Junge dort mit seinen beiden Geschwistern und seiner Mutter, die er in Deutschland wiedergetroffen hat, zusammenlebt und wir uns nun auch auf Deutsch unterhalten konnten. Bei einem üppigen afghanischen Abendessen sprach ich mit ihm über seine Schule und seinen neuen Fußballverein und er erzählte mir von seinem Plan Fußballprofi zu werden.

Der Kontakt zu den Jungs besteht aber nicht nur auf rein freundschaftlichen Ebenen. So bat mich ein Junge, der mittlerweile in Schweden lebt, darum, seinem Cousin, der zu der Zeit in Berlin war, zu helfen. Nach zwei Telefonaten mit dem Cousin konnte ich ihm Telefonnummern und Adressen von professionellen Flüchtlingshilfe-Organisationen geben.

Weil ich mich während des Studiums auch gerne weiter in diese Richtung engagieren wollte, bin ich Mentor eines minderjährigen, unbegleiteten ägyptischen Jugendlichen bei dem Bremer Verein Fluchtraum e.V. geworden. Mit ihm treffe ich mich regelmäßig. Anfangs erkundeten wir zusammen die Stadt und ich half ihm bei seinen Hausaufgaben. Später unterstütze ich ihn bei der Wohnungs- und Praktikumssuche und wir fuhren für ein Wochenende nach Berlin. Mittlerweile sind wir gut befreundet und es fühlt sich nicht nach einer Helfer-Bedürftiger-Beziehung an.

Anstoß zum Politikstudium

Durch ihn erhalte ich einen Einblick in den Prozess, der zur Integration durchlaufen wird und ich stelle fest, dass Integration auch immer etwas sehr individuelles sein kann und sein muss. Das individuelle Engagement auf beiden Seiten ist zentral, damit Integration gelingen kann.

Von meiner Zeit in Athen sind also neben Freundschaften, der Verbundenheit zu Griechenland und der Idee Politikwissenschaft zu studieren, vor allem das Interesse und auch Engagement für Flüchtlinge und deren Integration geblieben.

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