Kein Schnee von gestern

Um die griechische Junta und ihre Gegner ging es Mitte November in einem Seminar auf der Burg Waldeck. Dort diskutierten die Teilnehmer über die Aufarbeitung der Zeit, den Widerstandskämpfer Mikis Theodorakis und die Verbindung von Widerstand und Kultur. Ein Bericht.

Burg Waldeck im Hunsrück: Ruine der Oberburg mit modernen Neubauten. ©CC BY-SA 3.0/Jergen

In Griechenland spielt die historische Aufarbeitung der JUNTA-Zeit neuerdings eine große Rolle, was sich bis in die Geschichte einzelner Familien auswirkt. Wie aktuell dieses Beispiel ist, zeigt sich an vielen Parallelen zu besorgniserregenden Entwicklungen in Europa und im Nahen Osten. Mikis Theodorakis steht wie kein anderer als Symbolfigur des Widerstandes gegen die damalige Militärdiktatur. Sein Wirken wurde anlässlich seines Todes im Seminar vom 17. bis 19. November 2021 auf der Burg Waldeck im Hunsrück gewürdigt. Zu dem Seminar hatten die Arbeitsgemeinschaft Burg Waldeck, die Heinrich-Böll-Stiftung Rheinland-Pfalz, sowie das interkulturelle Jugendnetzwerk „Wilde Rose“ eingeladen.

Zur Einführung wurde der Spielfilm „Z“ von Costas Gavras aus dem Jahre 1969 gezeigt. Der Film verdeutlichte am Fall der Ermordung des griechischen Politikers Grigoris Lambrakis, wie die Strukturen des Schattenstaates die griechische Politik in den Jahren vor der Machtergreifung der Junta der griechischen Obristen prägten.

Die Rolle des Schattenstaates
An diesen Film schloss sich der Vortrag vom Professor für deutsche Sprache und Kultur, Hans-Berhard Schlumm, von der Ionischen Universität Korfu mit dem Thema „Die Rolle des Schattenstaates bei der Machtergreifung der Junta im April 1967“ an. Dabei wurde herausgearbeitet, wie in den 1950er und 1960er Jahren nach dem griechischen Bürgerkrieg das Militär und die verschiedenen Organe des Sicherheitsapparates sich mit dem sogenannten „Schattenstaat“ verflochten haben. Diese Verflechtung schränkte immer mehr die demokratische Freiheit ein und ebnete der Diktatur der Obristen den Weg. 

Abschließend wurde noch kurz auf die „traurige“ Rolle der damaligen Botschaft der Bundesrepublik in Athen eingegangen, die der Junta unkritisch gegenüberstand, während das Goethe-Institut mutig mit vielen Aktivitäten die Opposition gegen die Junta unterstützte. Eine ebenso positive Rolle spielte  das griechische Programm der Deutschen Welle. Dieser Vortrag wurde lebhaft diskutiert und eröffnete den Teilnehmerinnen und Teilnehmern einen neuen Blick auf die Zusammenhänge der Machtergreifung der griechischen Junta. 

Der Bildungsreferent Jens Fay stellte den internationalen Zusammenhang der Unterstützungsbewegung des Widerstands in Griechenland dar. Im Rahmen der internationalen Protestbewegung, die sich mit den Befreiungsbewegungen in der dritten Welt solidarisierte, entwickelte sich in der Bundesrepublik und Europa ab Ende der 1960er Jahre eine starke Solidaritätsbewegung mit dem Widerstand gegen die griechische Junta. Den meisten Teilnehmerinnen und Teilnehmern war dieses Phänomen aus ihrer Politisierung bekannt. 

Was tun gegen Diktaturen?
Die Diskussion bewegte sich dann in dem Problemkreis, ob man Diktaturen bekämpft, indem wir nicht mehr in solche Länder fahren, oder ob wir durch unseren Besuch in solchen Ländern durch verschiedene Aktivitäten die Widerstandsbewegung unterstützen können. Diese Problematisierung sprengte den engen Rahmen unserer Thematik, aber sie berührte einen wichtigen Nerv unseres politischen Selbstverständnisses mit der Fragestellung, was der Einzelne konkret in solchen Fällen tun kann. 

Einen konkreten Fall einer spezifischen Solidaritätsbewegung mit dem griechischen Widerstand stellte Professor Herbert Swoboda am Beispiel des Rings bündischer Jugend vor. Im dritten Themenkreis erläuterte der digital zugeschaltete Professor für Soziologie und Dekan der Fakultät für Sozialwissenschaften der Universität Kreta in Rethymno, Skevos Papaionnaou, am Beispiel der Biographie von Mikis Theodorakis die geradezu ideale Verbindung von Widerstand und Kultur. Seit seiner Jugendzeit war Theodorakis im Widerstand aktiv, er wurde verhaftet, gefoltert und in die Verbannung geschickt, aber seine kompositorischen Aktivitäten halfen ihm, in diesen für ihn finsteren Zeiten, zu überleben. Es wurde an vielen musikalischen Beispielen, in die die Teilnehmerinnen und Teilnehmern einbezogen wurden, aufgezeigt, wie er seine Kraft aus der Musik schöpfte. Seine Musik, die alle mitriss, belegte dies eindrucksvoll. 

Text: Herbert Swoboda, Wilde Rose e.V.

Dieses Werk ist lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung – Nicht-kommerziell – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Deutschland Lizenz.

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