Bereits 2014 wurde der Grundstein für ein Deutsch-Griechisches Jugendwerk gelegt. Knapp sechs Monate vor dem 3. Jugendforum in Köln gehen die Regierungsgespräche zu einem Deutsch-Griechischen Jugendwerk Ende April in die nächste Runde. Zeit nachzufragen: Warum überhaupt ein Deutsch-Griechisches Jugendwerk? Akteure aus Politik und Jugendaustausch geben Antworten – nun Teil 2 unserer Umfrage.

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Panos Paulos bei einem Fachtag in Deutschland. Foto: agorayouth.

„Die Errichtung eines  Deutsch-Griechischen Jugendwerks mit der legalen Form einer internationalen Organisation, wie es von deutscher Seite vorgeschlagen wurde, wäre nicht nur eine stabile Finanzierungsmöglichkeit des griechisch-deutschen Jugendaustausches auf allen Ebenen, sondern auch die einzige stabile Finanzierungsmöglichkeit der Jugendarbeit in Griechenland überhaupt. Griechenland hat keinen gesetzlich verankerten Jugendplan, der eine institutionelle und dauerhafte Unterstützung der Jugendarbeit garantiert. Die einzige stabile Finanzierungsquelle für Jugendaktivitäten in Griechenland sind die Mobilitätsprogramme der Europäischen Union, die je nach Regierungswechsel in Griechenland immer wieder gelitten haben. Eine internationale Organisation ist völkerrechtlich an einer festen und transparenten Finanzierung gebunden und nicht leicht von Regierungswechsel beeinflussbar. Deswegen hat die griechische Zivilgesellschaft von Anfang an genau dieses Vorhaben unterstützt und glaubt fest daran, dass dies die einzige Möglichkeit ist, eine ernsthafte Unterstützung der Jugendarbeit in Griechenland zur errichten. Bilaterale Büros bzw. Koordinierungszentren haben keine Perspektive, sind regierungspolitikabhängig, schließen die Zivilgesellschaft aus und laufen Gefahr, ähnlich zu enden, wie die deutsch-griechischen bilateralen Protokolle im Jugendbereich.“
Panos Poulos, Dipl.-Pol. gehört zu den Gründern der Organisation Filoxenia in Kryoneri, Korinth.

Kai Gehring MdB, Buendnis 90/Die Gruenen

Kai Gehring MdB, Foto: Thomas Koehler/photothek.net/Bundestag

„Seit Jahren unterstütze ich die Idee eines Deutsch-Griechischen Jugendwerks, denn Begegnungen erweitern den Horizont und wirken Vorurteilen entgegen. Ein verstärkter Jugendaustausch weckt Begeisterung für unsere gemeinsame Zukunft in Europa und hilft dabei, Lehren aus der Vergangenheit zu ziehen. Ich fordere von der neuen Bundesregierung, dass sie den Aufbau des Jugendwerks beherzt vorantreibt. Der Ressortvereinbarung, die Deutschland und Griechenland Mitte 2017 geschlossen haben, müssen beherzte Taten auf griechischer und deutscher Seite folgen. Es ist deshalb bedauerlich, dass das Jugendwerk in der aktuellen Koalitionsvereinbarung nicht einmal erwähnt wird.“
Kai Gehring, MdB und im Vorstand der Deutsch Griechischen Parlamentariergruppe

 

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Pafsanias Papageorgiou. Foto: Ministerium für Bildung, Forschung und Religiöse Angelegenheiten.

„Angesichts des Amtsantrittes der neuen Familienministerin Frau Dr. Franziska Giffey möchte das Generalsekretariat für Jugend und Lebenslanges Lernen ihr gratulieren und begrüßt die Zusammenarbeit für die deutsche und griechische Jugend am Beispiel des Jugendwerks. Trotz der bürokratischen und sonstigen Hindernisse, arbeiten wir in den letzten 2 Jahren mit großen Schritten auf eine gemeinsame Zukunft zu. Die Zusammenarbeit im Bereich der Jugend ist die stabilste Grundlage für die Beziehungen zwischen den beiden Völkern. Wir hoffen, dass mit der Unterzeichnung des Gründungsabkommens sich endlich eine Dynamik entwickeln kann, die schon seit vielen Jahren schlummert. Den jungen Menschen beider Länder wird die Gelegenheit gegeben, in den Begegnungen sich endlich näher kennen zu lernen, und eventuell Beziehungen fürs Leben zu entwickeln, wie sie unter allen Bürgern Europas existieren müssen.“
Pafsanias Papageorgiou, Generalsekretär für Jugend und Lebenslanges Lernen, Ministerium für Bildung, Forschung und Religiöse Angelegenheiten

 

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Brigitte Spuller beim Jugendforum in Thessaloniki. Foto: agorayouth.

„Ich erlebe als Ansprechpartnerin für Fragen des Deutsch-Griechischen Jugendaustauschs in der DGG Mittelfranken ein breites Interesse an Maßnahmen der Jugendbegegnung und besonders auch des Schüleraustauschs mit Schulen in Griechenland. Durch das Sonderprogramm kann derzeit immerhin der außerschulische Jugendaustausch von deutscher Seite zuverlässig und planbar gefördert werden. Was deutlich fehlt, ist eine Finanzierung für Maßnahmen des außerschulischen Austauschs für die Träger in Griechenland und eine systematische Förderung von Schüleraustausch und Schulpartnerschaften. Die Motivation ist vorhanden, aber es scheitert häufig an den fehlenden Zuschussmöglichkeiten. Und das, innerhalb eines vereinten Europas als gemeinsames friedensstiftendes Zukunftsprojekt! Es ist schade, wenn so viele Initiativen und Wünsche nach zivilgesellschaftlicher deutsch-griechischer Zusammenarbeit wegen fehlender Finanzierungen auf der Strecke bleiben. Von einem Deutsch-Griechischen Jugendwerk erhoffe ich daher eine stabile und planbare Unterstützung durch Bezuschussung von außerschulischem Jugendaustausch, auch von griechischer Seite (und für Organisationen in Griechenland) und von Schüleraustausch auf beiden Seiten. Nur mit der damit verbundenen Verstetigung, Planbarkeit und Kontinuität können langfristige stabile Projekte der Zusammenarbeit verwirklicht werden, die neuen Generationen von Jugendlichen auch künftig bereichernde Kontakte, Begegnungen und Erfahrungen ermöglichen.“
Brigitte Spuller, Diplom-Sozialpädagogin (FH), war in der Interkulturellen Arbeit und Berufsorientierung tätig. Seit 1990 Ehrenbürgerin der Stadt Distomo, seit 2006 für die Versöhnungsarbeit mit Distomo Trägerin des Bundesverdienstkreuzes.

 

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Babis Karpouchtsis bei einem Fachtag. Foto: agorayouth.

„Die Schaffung eines Deutsch-Griechischen Jugendwerks signalisiert für beide Länder mehr als gegenseitiges Vertrauen und gegenseitigen Respekt. Eine institutionalisierte Organisation stellt unter Beweis, dass Deutschland und Griechenland für ihre Jugend und für ihre Jugendlichen einstehen, für sie einen breiteren Horizont schaffen und den Weg des Dialogs, des Zusammenkommens und des Austausches festigen. Mit einem deutsch-griechischen Jugendwerk stehen beide Länder hinter dem Ziel, das Beste für ihre eigene und für die jeweilige andere Jugend zu tun. Für mich ist das deutsch-griechische Jugendwerk eine Chance, die weder Griechenland noch Deutschland verpassen sollte.“
Charalampos (Babis) Karpouchtsis, Politikberater polisis.eu

 

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Marie-Luise Dreier. Foto: IJAB.

„In den letzten vier Jahren hat sich IJAB dafür eingesetzt, den Jugend- und Fachkräfteaustausch zwischen Deutschland und Griechenland zu intensivieren. Daraus sind zahlreiche Partnerschaften zwischen beiden Ländern und neue Jugendprojekte entstanden. Die Bereitschaft der Zivilgesellschaft, sich persönlich zu begegnen, voneinander zu lernen und gemeinsame Strukturen zu schaffen ist beeindruckend. IJAB setzt sich daher dafür ein, das von jungen Menschen gemeinsam Erreichte zu sichern und auszubauen. Hierzu bedarf es des politischen Willens und der notwendigen Mittel. Nur mit einer langfristig gesicherten Finanzierung in einer verlässlichen, partnerschaftlichen Struktur kann eine tragende Säule zur Stärkung der Zivilgesellschaft in Europa geschaffen werden. Ein gemeinsames Deutsch-Griechisches Jugendwerk, als zwischenstaatliche Institution, kann dies langfristig befördern.“
Marie-Luise Dreber, Direktorin, IJAB – Fachstelle für Internationale Jugendarbeit der Bundesrepublik Deutschland e.V.

 

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Hilde Hülsenbeck. Foto: privat.

„ElanDe, der deutsch-griechische Jugendaustausch der Evangelischen Kirche Deutscher Sprache in Griechenland, der bald im sechsten Jahr mit großem Erfolg und viel Begeisterung bei allen beteiligten Partnern stattfindet, wird langfristig nur schwer fortzuführen sein. Der Markt für Freiwilligenprojekte wird immer größer, jungen Menschen winken nach dem Abitur oder der Ausbildung eine unglaubliche Vielzahl von Trägern und Projekten, in denen sie einen freiwilligen Dienst leisten können. Trotzdem scheint Griechenland nicht nur aus aktuellem Anlass (Flüchtlingsthematik) sehr attraktiv zu sein, da sich in diesem Land viele Gesichtspunkte bündeln, unter denen ein Freiwilligeneinsatz für die Bewerber in Frage käme. Immer wieder erhält unsere Kirche Anfragen von Deutschen, die an einem freiwilligen Einsatz in Griechenland für unterschiedlich lange Zeiträume interessiert sind, aber auch von vielen Besuchergruppen, die ein Gespräch mit Menschen vor Ort suchen, die nicht nur an den touristischen Highlights des Landes interessiert sind, die so viel von Land und Leuten erfahren wollen, dass sie sich auch für einen Freiwilligeneinsatz interessieren würden. Wenn unsere Freiwilligen aus dem ElanDe Projekt von ihren Erlebnissen und Erfahrungen berichten, dann steigt das Interesse, und das Gespräch mit unseren Besuchern wird außerordentlich lebendig. Alleine können wir jedoch dieses Interesse nur sehr schwer und in bescheidenem Umfang decken, zumal auch die finanzielle Lage unserer Kirche es unmöglich macht, ElanDe auszudehnen. Wir hangeln uns mit der Finanzierung des Projekts von einem Jahr zum anderen, obwohl wir „auf Sparflamme kochen“. Die Einrichtung eines DGJW würde dazu beitragen können, dass Projekte evaluiert, gemeinsam beworben, möglicherweise koordiniert werden könnten, dass der Fokus auf die deutsch-g“riechischen Beziehungen gelenkt wäre, die gerade durch den Austausch Jugendlicher verbessert werden können. Die Begeisterung junger Menschen, ihre Akzeptanz in der lokalen Bevölkerung, ihre Empathie und Energie tragen, wie uns das ElanDe Projekt zeigt, deutlich zum Abbau von Vorurteilen bei.“
Hilde Hülsenbeck, Projektverantwortliche für ElanDe bei der Evangelische Kirche Deutscher Sprache in Griechenland

 

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Vassilia Triarchi-Herrmann. Foto: privat.

„Ein Deutsch-Griechisches Jugendwerk wäre in der Lage, langfristige Kooperationen zwischen deutschen und griechischen Institutionen effektiv zu unterstützen, um Jugendaustauschprogramme in die Wege zu leiten und erfolgreich durchzuführen. Im Verlauf der Koordination des Schüleraustauschprojekts „Griechenland-damals und heute“, das die Stiftung Palladion und das Bayerische Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst seit 2014 gemeinsam mit 14 Gymnasien und Lyzeen in Griechenland und 14 Humanistischen Gymnasien in Bayern durchführen, haben wir die Erfahrung gemacht, dass im Rahmen dieser Begegnungen die griechischen und deutschen Jugendlichen neben vielem anderen lernen, kulturelle und sprachliche Unterschiede zu akzeptieren bzw. zu respektieren und ihre eigene Kultur und Sprache zu reflektieren. Dadurch sind sie in der Lage, tradierte und in den Medien vermittelte Vorurteile abzulegen, ein intensiveres Verständnis für das „Fremde“ zu entwickeln und schließlich auch nachhaltige Freundschaften mit Gleichaltrigen aus dem Partnerland zu schließen. Das Deutsch-Griechische Jugendwerk kann somit als eine zentrale Institution zur Unterstützung und Begleitung agieren und damit einen wertvollen Beitrag zum Weiterbestehen der langjährigen griechisch-deutschen Freundschaftsbeziehungen und darüber hinaus zur Umsetzung der Idee einer gemeinsamen integrativen Zukunft in Europa leisten.“
Dr. Vassilia Triarchi-Herrmann, Referentin am Staatsinstitut für Unterrichtsqualität und Bildungsforschung und Vorsitzende der Stiftung Palladion 

Hier geht es zum ersten Teil der Umfrage und hier zum dritten und letzten Teil auf Deutsch.

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