Nicht nur in ihrem Namen wird deutlich, dass sie griechische und deutsche Wurzeln hat. Ariadne Dimakou Bertels sind die gespannten Beziehung zwischen Deutschland und Griechenland ein persönliches Anliegen. In ihrer Masterarbeit widmet sie sich deshalb dem Deutsch-Griechischen Jugendwerk (DGJW). Sie untersuchte dessen Möglichkeiten für die Harmonisierung der bilateralen politischen Beziehungen – mit interessanten Ergebnissen.
“In Deutschland geboren und in Griechenland zweisprachig aufgewachsen, fühle ich mich in beiden Kulturen zuhause”, sagt Ariadne. “Durch die Wirtschaftskrise der letzten Jahre hat sich der Ton im Dialog meiner beiden Heimatländer und das gegenseitige Nationenimage sehr negativ verändert. Politiker und Medien kultivierten mit ihren Beiträgen ein feindliches Denken in der bilateralen öffentlichen Meinung, was zu einer Entfremdung zwischen den Ländern führte und zudem die ungelösten Themen zwischen den ehemaligen Gegnern im Zweiten Weltkrieg an die Oberfläche brachte“, sagt sie. Oft vernachlässigten Medien und Politiker die ausgewogenen Seiten in der Geschichte von Deutschland und Griechenland zu erwähnen.
Griechenland war das erste europäische Land, das den ersten deutschen Bundeskanzler willkommen geheißen hat und Deutschland in der Behandlung seiner Kriegsverbrechen durch mehrere andere Gesten entgegengekommen ist. Griechenland unterschrieb das Londoner Abkommen von 1953 und unterstützte des Weiteren aktiv die deutsche Mitgliedschaft in der NATO. Im kulturellen Bereich trug die von den amerikanischen und europäischen Intellektuellen initiierte Bewegung des Philhellenismus wesentlich zur Entstehung des neuen griechischen Staates bei. In dieser Hinsicht machten zahlreiche intellektuelle Deutsche einen Teil der Kulturbrücke aus, die den 1829 gegründeten neuen griechischen Staat mit den Menschen und Ländern der christlichen Welt verbindet.
Mit der Absichtserklärung zur Gründung des DGJW im Koalitionsvertrag der Großen Koalition 2013 war Ariadnes Interesse geweckt. „Ich konnte durch Schulaustausche in die Türkei und in Deutschland sowie durch meine späteren Studienaufenthalte in Schottland und Spanien viele unterschiedliche Kulturen und Mentalitäten kennenlernen. Für mich beginnt der Dialog zwischen Nationen mit dem Dialog zwischen ihren Menschen. Der direkte Kontakt mit den Bürgern eines fremden Landes trägt entscheidend zu einer langfristig stabilen und weniger voreingenommenen Wahrnehmung dieses Landes bei”, sagt sie. Als Kommunikationswissenschaftlerin fiel Ariadne auf, dass beide Länder sowohl in der Vergangenheit als auch in der Gegenwart eine dysfunktionale politische Kommunikation gezeigt haben. Damit entstünden Potentiale für Institutionen wie ein Deutsch-Griechisches Jugendwerk. Wie der Beitrag des DGJW aussehen soll und kann, das untersuchte Ariadne in ihrer Masterarbeit, die wissenschaftlich in der Internationalen strategischen Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit angesiedelt ist. Im August 2015 reichte sie diese an der Universität Pompeu Fabia Barcelona ein
Befunde der Arbeit
In ihrer Arbeit untersuchte Ariadne zunächst die Entwicklung der Deutsch-Griechischen Beziehungen bis heute und legte dann den Fokus auf die Vorteile internationaler Jugendprogramme für die Aufrechterhaltung des gegenseitigen Verständnisses zwischen den Teilnehmern sowie ihren Heimatländern. In diesem Zusammenhang sprach sie mit sechs Entscheidungsträgern, die in beiden Ländern an dem Gründungsverfahren und der Missionsdefinition des DGJW beteiligt sind.

Ariadne Dimakou Bertels
Die Ergebnisse ihrer Masterarbeit illustrieren, wie jeder Befragte die Entwicklung der bilateralen Beziehungen bis zum Wendepunkt der Wirtschaftskrise wahrnimmt und damit verbunden die Leistung des DGJW für die künftige Harmonisierung dieser Beziehungen einschätzt. Alle sechs Befragten kommen zu dem Schluss, dass das DGJW mit der Förderung bilateraler Begegnungen einen langfristigen und nachhaltigen Beitrag in der Pflege dieser Beziehungen leisten kann. Gerade vor dem Hintergrund der Wirtschaftskrise erkennen alle sechs Befragten das Potenzial des DGJW für die Entwicklung eines positiven Bildes von Deutschland in Griechenland und umgekehrt. Denn diese Institution kann durch die Förderung des Austausches und der Begegnungen zwischen jungen Erwachsenen entscheidend dazu beitragen, die Werte des jeweiligen Landes zu vermitteln, die Stereotype zu reduzieren und dadurch das gegenseitige Verständnis, die Annäherung und die Versöhnung zu fördern.
Dennoch unterstreichen alle Befragten den begrenzten und situationsabhängigen Beitrag des DGJW für kurzfristige Veränderungen und vor allem für Griechenlands Existenzkrise. Die Förderung des zielgerichteten Wirtschafts- und Berufsstrukturaustauschs sowie die Kooperation in mehreren Bereichen von gemeinsamem Interesse sind für die zukünftige deutsch-griechische Beziehungsentwicklung mindestens gleichermaßen entscheidend wie die Leistung des geplanten DGJW.
Angesichts der langfristigen positiven Auswirkungen des interkulturellen Austausches auf die zwischenmenschliche sowie internationale Beziehungspflege kann eine Institution, die genau solche Begegnungen fördert, die Grundsteine für ein zukünftiges besseres und tieferes bilaterales Verständnis setzen.
Betrachtet man das Potenzial des DGJW in einem breiteren Rahmen, so kann man sagen, dass sich diese Institution nicht allein auf die Jugendarbeit beschränken muss und es auch nicht sollte. Nach Ansicht der Befragten hat das DGJW über das Jugendaustauschangebot hinaus das Potenzial, in beiden beteiligten Ländern als Berater und Vermittler bei der gezielten Entwicklung weiterer zivilgesellschaftlicher Institutionen zu fungieren. Nach dem Prinzip der Subsidiarität kann das DGJW die Bearbeitung von Bewerbungen deutscher und griechischer Institutionen und relevanter Projektträger in ihren Aufgabenbereich aufnehmen, um schließlich die Umsetzung unterschiedlicher Projekte dieser Träger und Akteure im Bereich Bildung und Jugendpolitik zu ermöglichen. Auf diesem Wege kommt dem DGJW eine erhebliche Leistung in der Kultivierung des gegenseitigen Verständnisses und kooperativen Geistes zwischen den Jugendlichen in Deutschland und Griechenland zu. Demzufolge bringt diese Institution langfristige und nachhaltige Vorteile für die Harmonisierung der Deutsch-Griechischen Beziehungen.
Über die Autorin:
Ariadne Dimakou Bertels wuchs als Tochter einer Deutschen und eines Griechen zweisprachig in München und Athen auf. Nach dem Abitur in Athen – und kurz bevor sich die Wirtschaftskrise in Griechenland bemerkbar machte – kehrte sie zum Studium an ihren Geburtsort München zurück, wo sie ihren Bachelor in Kommunikationswissenschaft mit Nebenfach Psychologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München absolvierte. Geprägt von den eigenen Erfahrungen in den beiden Ländern bzw. Kulturen, legte sie den Schwerpunkt ihres akademischen Werdegangs auf die Deutsch-Griechischen Beziehungen. So befasste sie sich bereits in ihrer Bachelorarbeit mit der Berichterstattung griechischer Qualitätszeitungen über Deutschland vor dem Hintergrund der Wirtschaftskrise und der angespannten politischen Beziehung zwischen den Ländern. Im anschließenden Master orientierte sich Ariadne mehr an der internationalen strategischen Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit.
Text und Foto: Ariadne Dimakou-Bertels
Der Artikel ist auf agorayouth auch auf Griechisch erschienen und hier nachzulesen.
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