Griechenland und seine Oliven – das gehört schon seit Jahrtausenden zusammen. Das Land gilt weltweit als die erste Region, in der Olivenbäume kultiviert wurden. Wie die Ernte abläuft und wie aus den Oliven Öl wird, hat sich Merle Klingenberg in der Olivenölfabrik der Kooperative Kryoneri auf dem Peloponnes näher angeschaut.
Im Mittelmeerraum steht in den Wintermonaten alles unter einem Motto: Die Olivenernte. Tagsüber stehen die Bauern auf ihren Hainen und pflücken die Oliven von den Bäumen. Abends werden sie dann in den Fabriken zu Öl verarbeitet. Im Dezember hatte ich die Gelegenheit, die Olivenölfabrik der Kooperative von Kryoneri auf der griechischen Halbinsel Peloponnes zu besuchen und mehr über die Hintergründe der Herstellung von Olivenöl und den Zauber der mediterranen Steinfrucht in Grün, Schwarz oder sogar Lila zu lernen. Sotiris von der Kooperative nahm sich Zeit, alles genau zu erklären.
Tempo bei der Ernte der Oliven
Geerntet wird immer von Mitte Oktober bis Mitte Januar. Zu dieser Zeit sind die Oliven noch grün-gelblich bis rötlich-violett. Die Ernte ist auf verschiedene Art und Weise möglich: per Hand, mit einem Rechen, durch Abklopfen der Zweige oder, wie bei industriell angebauten Oliven, zunehmend mit (Rüttel-) Maschinen. Die manuelle Ernte ist zwar qualitativ hochwertiger, aber dadurch auch deutlich zeit- und personalintensiver. Deswegen wird in Oliven-Hochburgen wie Italien und Spanien häufig mit Maschinen gearbeitet. In bergigen Regionen muss man dagegen eher auf Handarbeit zurückgreifen.

Hier im Norden des Peloponnes werden die Oliven mit Hilfe von Handrechen von den Zweigen gekämmt. Danach werden sie in großen Netzen gesammelt und noch am selben Tag in atmungsaktiven Behältern frisch zur Fabrik gebracht. Wartet man zwischen Olivenernte und Pressvorgang zu lange, bekommen die Oliven Druckstellen, werden braun und es beginnen Gärungsprozesse. So kommt das frische, knackige Aroma abhanden und das Olivenöl verliert an Qualität. Nach der Ernte werden die Bäume beschnitten. Die abgeschnittenen Äste und Zweige werden kleingehackt und im Olivenhain als natürlicher Dünger eingearbeitet.
Das ganze Dorf hilft mit
In Kryoneri gibt es nur Familienbetriebe. Junge Männer aus dem Dorf arbeiten während der Olivenernte temporär in der Fabrik. Dadurch verbessern sie ihr eigenes Einkommen und unterstützen ihre Familien. Auch Kinder und Jugendliche werden während ihrer Freizeit und an Wochenenden in der Landwirtschaft mit einbezogen. Das gibt ihnen das Gefühl, ihrem Land und ihrer eigenen Familie behilflich zu sein, erklärt man mir vor Ort. Sie lernen dabei, wie man Landwirtschaft betreibt und bereiten sich darauf vor, selbst eines Tages dort arbeiten zu können – wenn sie es denn möchten. Viele Eltern und Großeltern wünschen sich, dass zumindest ein Kind den Betrieb weiterführt. Doch natürlich bedeutet das nicht, dass es auch immer klappt.
In der Olivenöl-Fabrik in Kryoneri werden täglich etwa 15 Tonnen Öl produziert. Dabei besteht zwischen Öl und Oliven ein Verhältnis von 1:5. Aus 4.000 Kilogramm Oliven werden ca. 1.100 Liter Öl hergestellt. Die Oliven werden bei einer schonenden Temperatur von etwa 25°C verarbeitet. Zuerst werden die Oliven in einem Behälter gründlich gewaschen und gewogen. Dann werden sie in der sogenannten Ölmühle von Ästen und Blättern befreit und zermalmt – allerdings ohne den Kern zu beschädigen. Die Kerne der Oliven werden gesammelt und zu Kernöl verarbeitet. Das ist nicht verzehrbar, sondern wird nur für pharmazeutische Produkte verwendet.





Die Produktion: Wie viel Öl erhält man?
Der in der Mühle entstandene feuchte Brei wird nun in der Maische für ca. 45 bis 60 Minuten gedreht und geknetet. Dieser Teil des Prozesses ist auch als „Massagephase“ bekannt. Danach landen die Oliven in der Zentrifuge, wo das Öl noch einmal vom groben Material getrennt wird. Dabei wird es mit warmem Wasser vermischt, um die Trennung von festen Elementen zu erleichtern. Ein Verteiler unterscheidet hinterher Wasser und Öl. Vor dem Abfüllen werden nochmals unnötige Bestandteile herausgefiltert, um Geschmack und Nährwerten nicht zu schaden. Zu guter Letzt wird das fertige Öl dann in Flaschen abgefüllt.
Der Großteil des in Kryoneri hergestellten Olivenöls wird nach Italien exportiert. Doch unter den Bauern besteht die Hoffnung, dass sie das Öl bald auch selbst vermarkten können und es nicht ins Ausland exportieren müssen. Wir drücken die Daumen, dass das klappt!
Text und Fotos: Merle Klingenberg
Redaktion: Lisa Brüßler