In Zeiten, in denen weltweit Populismus und Extremismus zunimmt, scheint gelungene Kommunikation wichtiger denn je. Antonis Bertos von Connect Athens setzt sich mit Workshops zu gewaltfreier Kommunikation dafür ein, sich gegenseitig besser zuzuhören und Raum für Gefühle und einen Dialog zu geben. Einen kleinen Einblick in diese Philosophie gibt er bei seiner Barcamp-Session auf dem Jugendforum.

 „Atmet ein, achtet auf euren Körper – wie fühlt ihr euch heute?“ eröffnet Antonis Bertos seinen Workshop. In einem kleinen Kreis stehen die Teilnehmer aus Griechenland und Deutschland beisammen und haben nach den ersten trubeligen Tagen des Jugendforums einmal Zeit, in sich hineinzuhören. Während sie den Anleitungen von Antonis folgen, laufen sie durch den Raum und lockern sich auf, denn als Psychologe weiß Antonis: „Häufig vergessen wir, auf unseren Körper zu achten. Es ist wichtig, dass das Körperbedürfnis uns bewegt. Unser Körper weiß von sich, was er tun kann und möchte.“ Schon allein das Schließen der Augen kann da die Wahrnehmung verändern: „Man vergisst die Welt um sich herum ein wenig“, sagt Thanasis Tsaldaris.

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Empathie und Emotion für mehr gegenseitiges Verständnis
Nach einer Mischung aus Lockerungs- und Konzentrationsübungen gibt Antonis einen theoretischen Input: Er erzählt von den Ursprüngen der gewaltfreien Kommunikation, vom Gründer Marshall B. Rosenberg und dessen Vision von einer gewaltfreieren Welt durch gegenseitige Begegnung. „Für gewaltfreie Kommunikation ist es gut, mit dem Erzählen seiner Beobachtung zu beginnen und so eine gemeinsame Diskussionsgrundlage zu schaffen. Anschließend kann man seine Emotionen erläutern und sich dem Gegenüber dadurch erklären“, meint Antonis. Doch auch er weiß, dass das in der Theorie einfacher klingt, als es in der Praxis ist: „Natürlich sind wir Menschen und wir streiten uns. Aber es ist wichtig, ein Tool zu haben und das zu nutzen, um uns in der Kommunikation auch unseren tieferen Emotionen und Bedürfnissen zu widmen.“

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Botschafter der gewaltfreien Kommunikation
Das sieht er gerade in der heutigen Zeit als wichtig an: „In Griechenland und Deutschland sehen wir einen Anstieg an Extremismus und Rassismus, an Hate Speech gegen Geflüchtete und rassistischen Übergriffen. Da ist es wichtig, in einer künstlerischen Form dagegen anzugehen und dass wir als Menschen zusammenkommen und uns begegnen.“ Gerade in der Jugendarbeit sieht Antonis die Chance, Menschen als „Botschafter“ auszubilden: „Sie können das Gelernte im Alltag anwenden und sagen: Okay, wir haben Probleme, aber wir können sie diskutieren und haben auch Methoden, um damit umzugehen“.

Befreiung durch Tanz
Neben der gewaltfreien Kommunikation ist für den Tanztrainer außerdem wichtig, eine Mischung aus Lockerheit und Konzentration zu bewahren: „Es hängt im Leben und im Tanz von uns selbst hab, wie involviert wir in bestimmte Sachen sind. Manchmal hört man nichts anderes, oder nimmt nichts andere wahr – aber manchmal ist man auch offen und hört auf den Körper und die anderen.“ Die Teilnehmenden kennen diesen Konflikt aus dem eigenen Leben: „Ich übertrage das auf meine Arbeit, denn bisher hat meine Arbeit nur das eine Element und ich spüre Ketten, weil ich bereits morgen wieder zur Arbeit zurückkehren muss“, erzählt eine Teilnehmerin.

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Von diesen Ketten wollen die Teilnehmenden sich befreien: In einer spontanen Tanzimprovisation stellen sie zuerst eine Maschine dar, aus der sie sich die schließlich freitanzen und im Tanz ihren Impulsen folgen. Eine intensive Erfahrung meint Jessica Reinsch: „Erst waren wir alle wie Roboter und dann hat sich das plötzlich verändert. Ich kann nicht genau sagen, woher dieser Impuls kam. Aber diese Veränderung war faszinierend.“ Diese Improvisation habe gezeigt, wie man sich auch ohne viele Worte miteinander verständigen kann, sagt Thanasis Tsaldaris. Am Ende ist das Feedback der Teilnehmer an Bertos positiv: „Ich bräuchte diese Bewegung und Auflockerung jeden Tag. Wir sollten morgen den Tag auch so beginnen. Denn neben all dieser kognitiven Arbeit ist das ein guter Ausgleich.“

Text und Fotos: Marlene Resch

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