Pia Bockermann, Masterstudentin aus Bielefeld, verbringt das Sommersemester in Athen. Dem Vision Network Athens hat sie von ihren Erfahrungen in den ersten Monaten Leben und Studieren in Griechenland erzählt. Gelassenheit, Chaos, Spontanität und Flexibilität – diese scheinbaren Gegensätze machen Athen für sie aus.

VISION NETWORK ATHENS: Was hat dir so gut gefallen, dass du in Athen leben wolltest, Pia?
Pia Bockermann: Die Atmosphäre, das Leben, dieses Chaos, was dennoch sympathisch ist. Ich interessiere mich für die Antike und es fasziniert mich, dass ich einfach aus der Metro aussteigen und die Akropolis besuchen kann. Das hat ein ganz besonderes Flair.

VISION NETWORK ATHENS: Welchen Eindruck hattest du vorher von Athen und Griechenland, der doch nicht stimmt?
Man hat ein Bild von Desinteresse und Untätigkeit, aber es passiert sehr viel in Athen! Ausserdem sind alle offen und interessiert, besonders wenn ich versuche, griechisch zu sprechen. Positiv finde ich, dass trotz des Chaos alles irgendwie funktioniert. Die Menschen nehmen sehr viel Rücksicht, das gefällt mir. Sie sind sehr hilfsbereit und freundlich, z.B. auch wenn ich mit meinem noch gebrochenem Griechisch einzukaufen versuche, merkt man, wie sie sich freuen, sie stellen Fragen usw.

19142340_1610287508995574_1343389017_nVISION NETWORK ATHENS: Du studierst Germanistik und Latein auf Lehramt. Möchtest du uns zwei deutsche und zwei griechische Bücher empfehlen?
Ich mag „Alexis Zorbas“ sehr (Nikos Kazantzakis) und „Quer durch Athen“ von Petros Markaris. Aus der deutschen Literatur würde ich „Die Vermessung der Welt“ von Daniel Kehlmann und „Tschick“ von Wolfgang Herrndorf empfehlen – beides sehr ‚deutsche’ Bücher, die gleichzeitig universell sind.

VISION NETWORK ATHENS: Was interessiert dich besonders im Studium oder sonst?
Mein großes Interesse gilt den deutsch-griechischen Beziehungen in Zusammenhang mit dem Einfluss und dem Stellenwert der Antike. Ich war positiv überrascht, wie viele Veranstaltungen es im deutsch-griechischen Raum gibt und über den lebendigen Austausch der beiden Kulturen. Wichtig ist eine Begegnungsplattform auf unterschiedlichen Ebenen: Schule, Uni… und mehr Übersetzungen. Ich informiere mich meistens über Facebook, die Buchhandlung, die „Griechenland Zeitung“ oder über Straßenplakate.

VISION NETWORK ATHENS: Gelassenheit, Chaos, Spontanität, Flexibilität – das alles ist Athen. Wo liegt der Unterschied der Uni hier zur Uni in Deutschland?
Die Distanz zwischen Studierenden und Lehrenden ist größer als hier, was aber nicht heißt, dass es hier nicht streng und professionell ist. Die Mischung ist angenehm. Ich erwarte natürlich nicht die „deutsche“ Pünktlichkeit und Korrektheit. Alles ist ein bisschen lockerer. In Deutschland nimmt man doch mal drei Züge eher, damit man nicht zu spat kommt, hier eher nicht… Es funktioniert aber trotzdem. Ob man drei Minuten später oder eher anfängt ist ja am Ende auch nicht so wichtig.

VISION NETWORK ATHENS : Wie können die zwei Kulturen deiner Meinung nach denn näherkommen?
Kulturelle Begegnungen können aus meiner Sicht Brücken schaffen. Ich war im Winter im Theaterstück ‘Grammi 1’, einer griechischen Adaption eines Theaterstücks von Volker Ludwig. Das hat mir total gut gefallen. Es waren auch viele Jugendliche da. Ιch glaube, dass man durch Übersetzungen, über Gasttheaterspiele, etc. einfach Interesse und Bewusstsein für gemeinsame Grundlagen schaffen kann und beispielsweise etwas entdeckt, wo man gemeinsam drüber lachen kann. Ich denke, auch Schüleraustauche oder gemeinsame Sportveranstaltungen helfen – Dinge, die auf der informellen, ungezwungenen Ebene stattfinden. Die Sprache ist eine Barriere, aber es gibt Möglichkeiten…

VISION NETWORK ATHENS: Wie sind die Griechen eigentlich im Athen der Krise?
Ich bin beeindruckt von der Motivation, dem Engagement, der Hilfsbereitschaft, der Herzlichkeit, der Gelassenheit der Menschen und von der griechischen Philoxenia. Die schwierige Lage des Landes ist in vielerlei Hinsicht spürbar, aber die Menschen bleiben offen. Die Mentalität finde ich sympathisch, dynamisch, chaotisch, gelassen und reich an Gegensätzen, die sich positiv begünstigen.

VISION NETWORK ATHENS: Was sind deine Lieblingsorte in Athen?
Exarcheia, Büchercafes, der Philopappos-Hügel, das Akropolis-Museum, das Kykladenmuseum, die Hafen-Strandpromenade auf der Peiraiki und die Ausgrabungen in Vravrona.

Pia bleibt noch bis August in Griechenland. Auf ihrem Blog „Zwischen Akropolis und Omonia.  Ein halbes Jahr im attischen Licht“ veröffentlicht sie regelmäßig Texte und Bilder über ihren Auslandsaufenthalt.

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