Im Bildungsministerium erklärte Dora Bei, wie die Jugendarbeit in Griechenland strukturiert ist. Die Krise habe die Themen der Arbeit verändert.
Mit der neuen griechischen Regierung gebe es auch einen anderen Fokus im Ministerium, erklärte Dora Bei, Abteilungsleiterin für internationale und europäische Beziehungen im griechischen Bildungsministerium. „Seit wir uns das letzte Mal mit den deutschen Kollegen getroffen haben, hat sich Einiges geändert“, so Dora Bei beim Besuch der deutschen Delegation Anfang Juni.
Zu Bildung und Religion sei in dem Ministerium noch die Kultur dazugekommen. Durch den neuen Fachbereich entstehe eine ganze „andere politische Bedeutung und Gewichtung“. Im Ministerium habe sich der gesamte für die Jugend zuständige Bereich geändert: Ein erweitertes Generalsekretariat für lebenslanges Lernen, Jugend und Politik für die Jugend sei geschaffen worden.
Durch den breiteren Themenfokus könnten „alle mögliche Formen“ des Austausches stattfinden. Darunter seien Projekte mit Studenten und Schülern – aber eben auch Programme um, Unternehmertum zu fördern und um Austausch im Bereich der Aus- und Weiterbildung zu ermöglichen. „Das führt dazu, dass wir nicht nur einen Austausch zur Freizeitgestaltung haben”, sagte Bei. Es sei eine wichtige Anpassung an eine neue Realität der Jugend.
Die Abteilungen können politischer agieren
Die Beamtin Bei erklärte die neuen Strukturen des Ministeriums:
- Eine Direktion sei für das lebenslange Lernen und allgemeine Themen der schulischen und außerschulischen Bildung und Weiterbildung zuständig.
- In einer zweiten Direktion gehe es um Jugendpolitik auf ganz verschiedenen Themenfeldern. Beispielsweise Innovation, Beschäftigung Unternehmergeist, Freiwilligenarbeit, Sozialarbeit
- Zwei weitere Abteilungen seien hinzugekommen: Die eine kümmere sich um die allgemeine strategische Planung.
- Und eine Abteilung für internationale und europäische Beziehungen gebe es zusätzlich. Die beiden neuen Abteilungen seien direkt der politischen Führung im Ministerium unterstellt – und könnten „politischer agieren“. Sie seien in der Lage flexibler und schneller auf die politische Planung zu reagieren. „Auf diese Weise können sie das Jugendwerk besser unterstützen“, so Bei.
Abgesehen von den Strukturen sei es wichtig, die Geschichte der Jugendarbeit in Griechenland zu verstehen, sagte Bei. „Wir leben in einem Land mit einem der größten Wortschätze der Welt, aber ein griechisches Wort für Jugendarbeit gibt es nicht.“ Youth Work sei das Ersatzwort. Dieses fehlende Wort stehe stellvertretend für ein generelles Problem mit Nichtregierungsorganisationen (NGO). So gebe es keinen juristischen Rahmen, was eine NGO eigentlich ist. „Durch diesen Punkt ist die gesamte Besonderheit der griechischen Situation zu verstehen“, sagte Bei.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts habe es vor allem staatliche Jugendorganisation gegeben. Kirchliche Organisationen für Jungen und Mädchen und die Pfadfinder seien zu dieser Zeit gegründet worden. Nach dem Regime 1974 habe es zwar eine erste Basis für Jugendarbeit gegeben. „Es hat am politischen Willen aller politischen Parteien gefehlt, hier einen juristischen Rahmen zu schaffen“, sagte Bei. Trotzdem hätten sich Jugendliche engagiert.
Mit der Krise kommen neue Schwerpunkte der Jugendarbeit
Über Jahre hinweg habe es bei den Themen – die Jugendlichen in Griechenland und in Europa beschäftigen – keine großen Unterschiede gegeben. „Nun stellen wir fest, dass sich die Interessen und Themen verlagern“, sagte Bei. Verantwortlich dafür sei der dramatische Anstieg der Arbeitslosigkeit unter Jugendlichen. Ein Problem, das auch in anderen europäischen Südländern bestehe.
Auch der sogenannte Braindrain, also das Abwandern von qualifizierten Arbeitskräften, sei ein gravierendes Problem. Religiöser Fundamentalismus und rechtes Gedankengut würden außerdem einige Jugendlichen beschäftigen. „Interkulturelle Bildung ist deswegen gefordert“, sagte Bei. Und die Beschäftigung mit der gemeinsamen Geschichte.
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