Outdoorbegeisterten deutschen und griechischen Jugendlichen, die Möglichkeit geben, zu erfahren, was „Jugendlichsein in Europa“ praktisch bedeutet. Agorayouth hat mit Anna Häßlin vom Förderkreis Ferienzentren e.V., Katrin Reinhard von der Deutschen Wanderjugend NRW und Romanos Samouris von Trekking Hellas über das Sommercamp in Pertouli gesprochen, das nach seiner ersten Auflage 2016 auch in diesem Jahr wieder stattfindet.

Agorayouth: Wie kam es zur Jugendbegegnung in Pertouli und der deutsch-griechischen Kooperation ihrer drei Vereine im letzten Jahr?
Anna Häßlin (Förderkreis Ferienzentren e.V.): Der FöFe führt bereits seit vielen Jahren eine rein nationale Begegnung in Griechenland (Peloponnes) durch. Seit Jahren gab es im FöFe den Wunsch eine deutsch-griechische Jugendbegegnung durchzuführen – das hat bisher dahin jedoch nie geklappt. Vor drei Jahren hat jedoch eine unserer Betreuerinnen ihr Erasmusjahr in Athen verbracht und die Organisation Trekking Hellas gefunden und nach Besuchen in Pertouli, im bereits seit Jahren bestehenden Camp von Romanos, ging es dann relativ schnell.
Katrin Reinhard (Deutsche Wanderjugend NRW): Das stimmt! Anna hat mir als ehemalige Betreuerin bei FöFe von Pertouli erzählt und wir haben beschlossen im Herbst 2015 unseren Privaturlaub dort zu verbringen, um Pläne mit Romanos zu schmieden. Wir als Wanderjugend machen schon seit vielen Jahren deutsch-russische Jugendbegegnungen und von der Idee, etwas Ähnliches mit Griechenland aufzubauen, war unser gesamter Verband begeistert.
2016_IC Greece_Favorit 4Romanos Samouris (Trekking Hellas): Das Camp in Pertouli befindet sich in der Nähe von Trikala im Pindosgebige. Die Lage ermöglicht uns viele Ausflüge zu Sehenswürdigkeiten und Outdoor-Aktivitäten. Ich war froh, dass Anna und Katrin auf mich zukamen. Griechenland als Ferienziel für Camps hatte in den letzten Jahren große Schwierigkeiten internationale Teilnehmer zu finden; Viele Eltern waren irritiert von der Anzahl schlechter Nachrichten über mein Land.

Agorayouth: Im letzen Jahr habt ihr knapp 40 deutsche und griechische Jugendliche  zwischen 14 und 17  zum ersten Mal zusammen gebracht. Was habt ihr mitgenommen?
Anna Häßlin: Ich habe schon viele Camps sowohl als Teilnehmerin und als Betreuerin und Organisatorin erlebt. Aber dieses Camp letztes Jahr hat alles getoppt: Es gab einen Moment, nach einem anstrengenden Rafting-Tag in der Vikos-Schlucht, als ich dachte, dass die Jugendlichen gleich einschlafen vor Erschöpfung. Aber es wurde die vielleicht lebendigste Busfahrt, die ich je erleben durfte: Es wurde gemeinsam gesungen, griechische, englische und deutsche Lieder „gebattelt“ – eine einfach unglaubliche Stimmung. Ab diesem Moment waren wir eine Gruppe. Die Rückmeldungen waren sehr positiv und 90 Prozent der Jugendlichen, die sich aus Deutschland angemeldet hatten oder im Betreuerteam waren, sind auch bei der Begegnung in diesem Jahr wieder dabei.
Romanos Samouris: Nach nunmehr zwölf Jahren Arbeit mit dem Camp, kann ich sagen, dass diese internationale Erfahrung die beste Zeit war, die ich je hatte. Es gab viele Momente wo sich die Jugendlichen näher kamen, Spaß hatten, gute Freunde wurden. Über die sozialen Medien haben wir gesehen, dass sich manche Kinder und Teamer sogar gegenseitig besucht haben nach dem Camp – das war genau das, was wir erreichen wollten: Dass sich die Menschen in Europa näher kommen.2016_IC Greece_293

Agorayouth: Die Begegnung findet vor allem auf Englisch statt – war das eine große Herausforderung?
Anna Häßlin:
Klar, aber es entstehen vor allem auch lustige Momente und Wörter, die direkt in die Campsprache aufgenommen werden. Der Vorteil bei uns ist sicherlich, dass Englisch von keiner der Gruppen die Muttersprache ist: Das nimmt Hemmungen, da niemand perfekt spricht und man sich einfach ausdrückt. Wir konnten uns fast ausschließlich auf Englisch unterhalten, unsere Runden auf Englisch durchführen – auch die Kinder, die am Anfang etwas schüchtern waren.
Katrin Reinhard:
Ich sehe es für die teilnehmenden Jugendlichen als große Chance, sich nach der Muttersprache auf einer neu erlernten Sprache zu begegnen. Die in der Schule gelernten Kenntnisse konnten im Camp konkret angewendet werden.

Agorayouth: Die Idee ist ja auch, sich Kennenzulernen fern von Politik – auf Basis von Gemeinsamkeiten, die begeistern können. Welche kulturellen Fallen, Unterschiede oder lustige Begebenheiten sind ihnen im Gedächtnis geblieben?
Anna Häßlin: Unsere griechische Partnergruppe war bestens organisiert, hochprofessionell und pünktlich – aber auf eine viel entspanntere Art als ich das bin. Ein Beispiel: Wir treffen unsere Jugendlichen immer in den Runden und erzählen ihnen, was als Nächstes kommt und was sie dafür einpacken müssen. Romanos hatte einen Plan mit dem Programm ausgehängt und was dafür mitzunehmen ist. So kamen die Jugendlichen bereits gepackt in die Runde – zeitsparend und Raum schaffend. Auf der anderen Seite mussten sich die griechischen Jugendlichen an unsere „Runden-Spiele“ gewöhnen. Aber am Ende haben auch sie diese Spiele eingefordert, überall selbst initiiert und ihre Hemmungen verloren. Unsere pädagogische Arbeit war für die griechische Seite auf jeden Fall ein Mehrgewinn: Am Abschlussmorgen haben wir ein „Spinnennetz mit Armbändern“ geschaffen, da konnte jeder zu einer Person etwas sagen: Manche Jugendliche tragen diese Armbänder noch heute.
Romanos Samouris: Es gab Programmpunkte wie landestypische Spiele aus den beiden Ländern oder das Kochen von landestypischen Gerichten. Die griechischen Kinder kochen fast nie und da hat es ihnen wirklich großen Spaß gemacht – und für unser Kochteam war es eine tolle Überraschung, dass sie bei einer Mahlzeit auch mal Gast sein konnten.

Agorayouth: Romanos, noch eine spezifische Fragen zu Griechenland: Mir erscheint der Teilnahmebeitrag von über 600 Euro relativ hoch in einem Land mit dauerhafter ökonomischer Krise – Umwelterziehung hat da vielleicht auch nicht die höchste Priorität momentan?
Romanos Samouris:
Ja, der Teilnahmebeitrag für das Camp ist keinesfalls gering. Wir wollen den Jugendlichen die Vielfalt Griechenlands zeigen und müssen auch den deutschen Jugendlichen etwas bieten. Von staatlicher Seite gibt es in Griechenland keine Unterstützung für weniger gut situierte Familien. Mit Hilfe der deutschen Organisationen unterstützen wir aber jedes Jahr junge Leute, die nicht den gesamten Teilnahmebeitrag zahlen können. Was die Umweltbildung angeht, ist es so, dass die Jugendlichen nach dem Camp viel mehr auf ihre Umwelt achten, weil sie zwei Wochen mitten in der Natur gelebt haben. Die Kinder lernen, dass jede zurückgelassene Plastiktüte Spuren hinterlässt und sie aktiv werden müssen – das ist schon ein großer Erfolg.

Die Jugendbegegnung findet in diesem Jahr vom 29. Juli bis 13. August statt. Mehr Informationen finden Sie auf den Webseiten der Organisationen.

Interview: Lisa Brüßler
Fotos: FöFe, Deutsche Wanderjugend NRW & Trekking Hellas.

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3 Gedanken zu “Begegnung zwischen Rafting, Klettern und Wandern

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